In Istanbul treffen sich ab Freitag die hochrangigsten Politiker Afrikas mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem mehrtägigen Gipfel. Laut Thomas Seibert, freier Journalist in Istanbul, sind die afrikanischen Länder deshalb so interessant für Erdogan, weil sie ein wichtiger Absatzmarkt sind. «Bisher exportierte die Türkei vor allem Haushaltsgeräte. Heute wird zunehmend der Waffenexport zu einem Renner. Besonders Kriegsdrohnen sind Exportschlager geworden.»
Solche habe die Türkei unter anderem schon an Tunesien und an Marokko verkauft. Aber auch Angola und Äthiopien hätten Interesse gezeigt.
Russland dominiert Rüstungsmarkt
Erdogan pflegt enge Beziehungen zu Afrika. Seit seinem Machtantritt hat er schon 30 Länder auf dem Kontinent besucht. Das jährliche Handelsvolumen der Türkei mit Afrika liegt bei etwa 25 Milliarden Euro. Die Türkei handelt zwar immer noch sehr viel mehr mit der EU als mit Afrika. Doch es gehe um die Perspektive, so Seibert.
«Was den Waffenmarkt angeht, sieht die Türkei grosse Möglichkeiten auf dem afrikanischen Kontinent.» Bisher werde der dortige Rüstungsmarkt von Russland dominiert. «Aber die Türkei holt auf.» Dass sie relativ billig und wirkungsvoll seien, mache die Drohnen für Afrika so interessant. Und: «Die türkischen Drohnen haben sich aus militärischer Sicht bewährt, in Konflikten in Libyen und letztes Jahr in Berg-Karabach.»
Beitrag an türkische Wirtschaft
Die Türkei sei damit aufgestiegen in den Kreis der Länder, die besonders attraktive und gute Kampfdrohnen herstellen, wie etwa die USA, Israel und China. «Die Türken sind sehr erpicht darauf, diese Drohnen zu exportieren», so Seibert. «Deswegen entwickelt sich da ein reger Kreislauf zwischen Angebot und Nachfrage mit Afrika.»
Afrika allein werde der Türkei zwar nicht aus der Wirtschaftskrise helfen. «Aber immerhin könnte dieser Gipfel ein Grund dafür sein, dass Erdogan die Wirtschaft im Land wieder ein bisschen flott kriegt. Er ist also einen Beitrag zu seinen Bemühungen, die Krise zu überwinden.»
Druck auf Gülenschulen in Afrika
Doch Erdogan verfolgt mit dem Gipfel noch andere Interessen. «Es geht ihm um die Innenpolitik», erklärt Seibert. «Er versucht bei den afrikanischen Staaten durchzusetzen, dass sie sich lossagen von der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen.» Gülen hat ein internationales Netzwerk von Privatschulen aufgebaut, früher mit Unterstützung Erdogans. Aber Erdogan und Gülen haben sich überworfen.
Heute wirft Erdogan dem Prediger vor, den Staatsstreich von 2016 organisiert zu haben. «Deswegen macht er Druck auf afrikanische Länder, Gülens Schulen zu schliessen und Vertreter von Gülen an die Türkei auszuliefern.» Aussenpolitisch gehe es Erdogan dagegen vor allem um eine Ausweitung des türkischen Einflusses in Afrika.
Reibereien mit Frankreich wegen Libyen
«Im Moment ist dieser Einfluss noch begrenzt», erklärt der Journalist. «Aber dieses türkische Engagement reicht aus, um andere Mächte nervös zu machen.» Besonders Frankreich, denn die Türkei ist militärisch engagiert in Libyen und bemüht sich auch um gute Beziehungen zu den Sahelstaaten südlich von Libyen. «Dadurch fühlt sich Frankreich herausgefordert. Für Frankreich ist die Sahelzone ein Einflussgebiet.»
Deswegen gerieten Erdogan und Präsident Emmanuel Macron immer wieder aneinander, so Seibert. «Es gibt immer wieder Versuche, diese Beziehungen zu kitten. Aber es bleibt ein Spannungsgebiet zwischen der Türkei und Frankreich – und damit zwischen der Türkei und Europa.»