- Seit Beginn der türkischen Offensive in Nordostsyrien sind laut UNO binnen 48 Stunden mehr als 100’000 Menschen vertrieben worden.
- Zudem seien die Wasserversorgung, Dämme, Kraftwerke und Ölfelder getroffen worden, sagte ein Sprecher.
- Die Türkei verlangt derweil von der Nato ein «klares und deutliches» Bekenntnis der Solidarität.
Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) und ihre arabischen Verbündeten würden Tunnel, Gräben und Wälle nutzen, um den Vormarsch der türkischen Armee aufzuhalten, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Die meisten Menschen flohen gemäss UNO-Welternährungsprogramm (WFP) aus den Regionen Ras al-Ain und Tall Abjad.
Nach einem türkischen Luftangriff brach Berichten zufolge die Wasserversorgung in der Region Aluk zusammen. In Al-Rakka hätten die lokalen Behörden vier Zentren für Vertriebene eingerichtet, berichtete das WFP.
MSF ruft zum Schutz der Zivilisten auf
«Die Militäroperationen in Nordostsyrien dürften die angespannte humanitäre Situation noch verschärfen», warnte Najat Rochdi vom Büro des UNO-Syrien-Beauftragten. Alle appellierten an die Akteure vor Ort und Regierungen, die Einfluss auf sie haben, Zivilisten zu schützen.
Einen ähnlichen Appell veröffentlichte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF). Sie rief alle Kriegsparteien dazu auf, den Schutz von Zivilisten, Gesundheitspersonal und Patienten zu gewährleisten.
Die Türkei verlangt von der Nato unterdessen ein «klares und deutliches» Bekenntnis der Solidarität. In einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu: «Im Rahmen des Grundsatzes der Unteilbarkeit der Sicherheit ist es unsere natürlichste und legitimste Erwartung, dass sich unsere Alliierten mit uns solidarisieren.»
Die Offensive läuft seit Mittwochnachmittag und richtet sich gegen die kurdische YPG-Miliz, die auf syrischer Seite der Grenze ein grosses Gebiet kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation. Die Offensive war international auf scharfe Kritik gestossen.
Cavusoglu beklagt «Doppelmoral»
Stoltenberg sagte, er habe seine «ernsten Bedenken hinsichtlich einer Destabilisierung der Region» geteilt und habe die Regierung gebeten, «zurückhalten zu agieren». Er betonte, die Türkei sei ein starker und wichtiger Nato-Verbündeter. Kein Verbündeter habe mehr unter Terroranschlägen gelitten als die Türkei.
Der türkische Aussenminister Cavusoglu verteidigte die Offensive. Er argumentierte, wenn schon jeder einsehe, dass die Sorgen der Türkei «legitim» seien, dann müsse auch der Kampf gegen den Verursacher der Sorgen legitim sein. «Ihr habt diese Terrororganisation mit Waffen ausgestattet und sie ausgebildet. Das ist nicht mein Problem. Das ist in Wahrheit deine Doppelmoral», fügte er hinzu.
Damit bezog sich Cavusoglu auf die Zusammenarbeit des Natopartners USA mit den YPG-Milizen im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). US-Präsident Donald Trump hatte in der Nacht die USA als möglichen Vermittler zwischen den Kampfgegnern ins Spiel gebracht.
Der Offensive sollen seit dem Beginn nach türkischen Angaben vom Freitagmorgen 277 Kurdenkämpfer zum Opfer gefallen sein. Auch ein erster türkischer Soldat sei bei den Gefechten getötet worden, meldete das Verteidigungsministerium in Ankara auf Twitter. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, drei weitere Soldaten seien verletzt worden.