- Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach Einschätzung der Zuschauer das TV-Duell gegen SPD-Herausforderer Martin Schulz gewonnen. Das zeigen Blitzumfragen von ARD und ZDF.
- Schulz hatte versucht, Merkel bei zentralen Themen wie Flüchtlingen, Rente und der Türkei in Bedrängnis zu bringen.
Nach ARD-Angaben lag Merkel mit 55 zu 35 Prozent klar vorne. Im ZDF war es knapper: Hier kam die deutsche Kanzlerin auf 32 Prozent Zustimmung, Schulz auf 29 Prozent. 39 Prozent der Befragten waren unentschieden. Laut ARD war Merkel in ihren drei TV-Duellen als Kanzlerin noch nie so klar vorn.
Martin Schulz sagte nach dem Schlagabtausch, es sei ein «faires Duell» gewesen. Er sei bereit für ein zweites Duell, denn viele Zukunftsthemen seien zu kurz gekommen.
Das waren die wichtigsten Themen:
Flüchtlingspolitik: Der SPD-Vorsitzende zeigte sich im TV-Duell zunächst angriffslustig. Schulz warf der Kanzlerin schwere Fehler in der Flüchtlingskrise vor. Merkel habe sich im Herbst 2015 nicht mit den europäischen Partnern abgestimmt. Wenn sie sage, sie würde alles wieder so machen wie damals, könne er nur sagen: «Dazu würde ich nicht raten.» Eine europäische Lösung wäre weniger zulasten Deutschlands gegangen.
Merkel verteidigte in der live übertragenen Kontroverse ihre Entscheidung von damals, in Ungarn festsitzenden Migranten und Flüchtlingen den Weg nach Deutschland zu ebnen. «Wir haben damals eine sehr dramatische Situation gehabt.» Sie habe nicht anders handeln können. «Es musste entschieden werden.»
Es sei klar gewesen, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orban sich nicht solidarisch zeigen würde. Sie habe im Übrigen ihren Kurs mit dem damaligen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) abgestimmt. Schulz fragte Merkel daraufhin, warum der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer Orban als Ehrengast zur CSU eingeladen habe. Die CDU-Chefin umging die Frage.
Soziale Gerechtigkeit: Schulz mahnte trotz der positiven Wirtschaftslage mehr soziale Gerechtigkeit an. «Ja, klar ist Deutschland ein wohlhabendes Land, aber nicht alle Menschen in unserem Land sind wohlhabend.» Er nannte als Beispiele kostenlose Kitas und Reformen, um sinkende Renten zu verhindern.
Rentenalter: Merkel sicherte zu, dass es mit ihr keine Rente mit 70 geben werde. Unter anderem hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein längeres Renteneintrittsalter ins Gespräch gebracht. Schulz zweifelte an, dass diese Zusage Bestand von Merkel haben werde.
Dieselskandal: Merkel warf der Autobranche in Zusammenhang mit zu hohen Abgaswerten von Diesel-Fahrzeugen «Vertrauensbruch» vor. «Ich bin stocksauer.» Die Industrie müsse den Schaden wieder gut machen. Die 800’000 Arbeitsplätze müssten aber sicher bleiben. Der Diesel werde weiter gebraucht, um die Klimaziele zu erfüllen, sagte die Kanzlerin. Schulz sagte, Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge, von denen unter anderem Handwerker getroffen würden, müssten vermieden werden.
Streit in der Türkei: Im Konflikt mit der Türkei sprach sich Schulz für einen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara aus. «Wenn ich Kanzler werde, werde ich (...) die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union abbrechen.»
Merkel verwies darauf, dass der Abbruch der Beitrittsverhandlungen einstimmig von allen EU-Mitgliedstaaten beschlossen werden müsse. Am Freitag war bekannt geworden, dass zwei Deutsche im Urlaubsort Antalya festgenommen worden waren. Ihnen werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen, die die türkische Regierung für den gescheiterten Putschversuch vor gut einem Jahr verantwortlich macht.
Einschätzung von SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck
Bundestagswahl: Die Spitzenkandidaten der Parteien
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Bild 1 von 6. Angela Merkel, CDU/CSU:. Die Kanzlerin gilt als grosse Favoritin der Bundestagswahl. Alle Umfrageinstitute sehen sie vorne. Seit 2005 regiert sie bereits. Nur Konrad Adenauer und Helmut Kohl waren länger im Amt. Ihre SPD-Gegner Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück verloren allesamt gegen sie. Nun wartet ein neuer Gegner. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 6. Martin Schulz, SPD:. Als Martin Schulz Ende Januar zum Kanzlerkandidaten der SPD auserkoren wurde, war die Euphorie bei den Sozialdemokraten gross. So schnell die Euphorie kam – so schnell war sie allerdings auch wieder weg. Martin Schulz und die SPD liegen in Umfragen weit hinter der CDU zurück. Dafür wittert eine andere Partei wieder Morgenluft. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 6. Christian Lindner, FDP:. Die FDP will zurück in den Bundestag. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) holten die Liberalen bereits 12,6 % der Stimmen. Die Partei setzt voll auf ihren Spitzenmann Christian Lindner. Er soll die FDP wieder zu einer wichtigen Partei in Berlin machen und wenn möglich gleich in die Regierung führen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 6. Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, Bündnis 90/Die Grünen:. Wie bereits 2013 setzen die Grünen auf eine Doppelspitze. Wie 2013 ist Katrin Göring-Eckardt Teil davon. Statt Jürgen Trittin ist aber nun Cem Özdemit der Mann an ihrer politischen Seite. Traditionell setzt die Partei auf ökologische Themen. Ob sie vom Diesel-Skandal profitieren kann? Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 6. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, Die Linke:. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 wurde die Linke erstmals drittstärkste Kraft in Deutschland. Damals setzte die Partei auf ein achtköpfiges Spitzenteam. Diesmal soll es eine Doppelspitze richten. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sollen den Wiedereinzug in den Bundestag sichern. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 6. Alice Weidel und Alexander Gauland, AfD:. Auch die «Alternative für Deutschland» setzt auf eine Doppelspitze. Der Nominierung Weidels und Gaulands ging ein innerparteilicher Streit mit Frauke Petry voraus. Petry kandidierte schliesslich nicht. Nun versuchen die Rechtspopulisten ohne ihr Aushängeschild den erstmaligen Einzug in den Bundestag. Bildquelle: Reuters.