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Überangebot an US-Anleihen «Finanziert die Notenbank neue Schulden mit, wird es gefährlich»

Staaten nehmen wie Privatpersonen, die sich verschulden, Geld auf. Dafür zahlen sie Zinsen. Konkret verkaufen sie Staatsanleihen. Die USA finden dafür in der Regel locker genug Abnehmer, denn sie gelten dank der «Weltwährung» US-Dollar als sicherer Schuldner. Nun haben die USA erstmals Mühe, Staatsanleihen am Markt zu platzieren. Die Folge: Sie müssen für eine 30-jährige Anleihe mehr Zins zahlen als erwartet. Laut SRF-Wirtschaftsredaktorin Maren Peters muss die US-Notenbank im Notfall einspringen.

Maren Peters

Südasien-Korrespondentin

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Maren Peters ist seit September 2022 Südasien-Korrespondentin für Radio SRF und berichtet von Indien aus über Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven. Zuvor war sie Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Dabei beschäftigte sie sich insbesondere mit internationaler Wirtschafts- und Entwicklungspolitik sowie Nachhaltigkeits- und Rohstofffragen.

SRF News: Warum bringen die USA ihre Anleihen so schlecht los?

Maren Peters: Es sind nur die lang laufenden 30-jährigen Staatsanleihen, bei denen die Nachfrage der Investoren zäh war. Bei der jüngsten Auktion waren solche Anleihen im Wert von 26 Milliarden Dollar im Angebot, was natürlich gigantisch viel ist und offenbar viel mehr, als der Finanzmarkt aufnehmen konnte. Dieses Überangebot an Schuldpapieren ist sicher ein Grund dafür.

Die 10-jährigen Anleihen verkaufen sich immer noch wie warmes Brot.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass viele Investoren in den lang laufenden US-Staatspapieren ein wachsendes Risiko sehen und darum zurückhaltender sind als bei den kürzer laufenden Anleihen. Die 10-jährigen Anleihen verkaufen sich nämlich immer noch wie warmes Brot. Wenn man investiert, dann ist das auch immer eine Wette auf die Zukunft. Und je weiter entfernt diese ist, desto weniger gut ist sie prognostizierbar.

Welches Risiko besteht denn bei langfristigen Anleihen?

Zum Beispiel, dass der US-Dollar in 30 Jahren nicht mehr wie im Moment die mit Abstand wichtigste Weltwährung sein könnte, und dass die Investitionen in lang laufende US-Staatsanleihen dann nicht mehr so sicher sein könnten.

Kurzfristig besteht noch keine Gefahr, dass der Dollar als Leitwährung abgelöst wird.

Darüber ist in den letzten Wochen viel spekuliert worden. Das liegt daran, dass der US-Dollar seit Wochen schwächelt im Vergleich zu anderen Währungen wie dem Euro. Kurzfristig besteht noch keine Gefahr, dass der Dollar als Leitwährung abgelöst wird. Aber langfristig könnte das anders sein.

Wer kauft in der Regel amerikanische Staatsanleihen?

Der allergrösste Teil der US-Schulden wird von den Amerikanern selbst gehalten, von Bundesstaaten oder von Pensionsfonds oder auch von der US-Notenbank. Aber es sind natürlich auch fremde Staaten, auch die Schweiz zum Beispiel, die massenhaft US-Staatsanleihen kaufen.

Für die grösste Volkswirtschaft der Welt ist das verkraftbar.

Grösste Gläubiger unter den Staaten sind Japan und China. Beide haben nach der Asienkrise grosse Währungsreserven aufgebaut, um einen Puffer für schlechte Zeiten zu haben, und das meiste davon ist in Dollar.

Was bedeutet das, wenn die USA mehr Schuldzinsen zahlen müssen?

Es wird dann einfach noch ein bisschen teurer, Schulden zu machen. Aber für die grösste Volkswirtschaft der Welt ist das verkraftbar, trotz des jetzt schon gigantischen Schuldenbergs von 26.5 Billionen Dollar. So hoch war er noch nie.

Wer finanziert den Staatshaushalt der USA, wenn diese ihre Staatsanleihen nicht vollständig verkaufen können?

Wenn der Markt sie nicht mehr absorbieren kann oder will, dann steht die US-Notenbank bereit, um diese Staatsanleihen zu kaufen. Das macht sie sowieso schon. Sie würde ihr Kaufprogramm dann gegebenenfalls einfach noch weiter ausdehnen oder ausdehnen müssen. Die US-Notenbank würde dann die neuen Schulden der US-Regierung mitfinanzieren, was die US-Regierung leicht als Einladung verstehen könnte, noch mehr Schulden zu machen. Das ist eine ebenso verlockende wie gefährliche Option – gerade im Wahljahr.

Das Gespräch führte Daniel Hofer.

Rendez-vous, 14.08.2020, 12:30 Uhr ; 

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