Was plant Israel? Am Freitagmorgen um 7 Uhr hat das israelische Militär die Bewohner und Bewohnerinnen von Gaza City aufgefordert, den Norden des Gazastreifens zu verlassen. Laut UNO gibt es ein Zeitlimit von 24 Stunden. Laut UNO-Einschätzung wären von einer solchen Evakuierung mehr als eine Million Menschen betroffen. Beobachter gehen davon aus, dass eine Bodenoffensive Israels bevorstehen könnte.
Wer lebt in der nördlichsten Provinz? Insgesamt sind laut UNO 1.1 Millionen Menschen vom Ultimatum betroffen. Darunter auch viele Minderjährige: In Gaza sind 40 Prozent der Einwohner unter 14 Jahre alt. Bereits jetzt befinden sich über 400'000 Palästinenser auf der Flucht innerhalb des Gazastreifens. Mindestens 112'000 Palästinenser befinden sich in UNRWA-Schulen im Norden.
Wo sollen die Menschen hin? Jetzt sollen 1.1 Millionen Menschen den Norden des Gazastreifens verlassen und in Richtung Süden flüchten, wenn es nach dem israelischen Militär geht.
Sie wollen, dass wir in den Süden des Gazastreifens fliehen. Aber der Weg dorthin ist nicht sicher, und dort gibt es auch keine Sicherheit.
Unser Korrespondentenpaar Anita Bünter und Jonas Bischoff steht in Kontakt mit Menschen im Gazastreifen. Ein Familienvater hat ihnen berichtet: «Sie wollen, dass wir in den Süden des Gazastreifens fliehen. Aber der Weg dorthin ist nicht sicher, und dort gibt es auch keine Sicherheit.»
Wie steht es um die Infrastruktur im Süden? Der Süden ist die ärmere Gegend des Gazastreifens. So hat es nur vereinzelt Spitäler. Generell ist die Infrastruktur in Gaza aber kurz vor dem Erliegen. Die absolute Blockade von Israel hat dazu geführt, dass seit Mittwochnachmittag ein kompletter Blackout herrscht. Spitäler werden mit Generatoren betrieben, solange noch Kraftstoff vorhanden ist.
Was sind die Reaktionen? Die Hamas hat den Aufruf zur Evakuierung als Propaganda bezeichnet und die Bevölkerung aufgefordert, den Norden des Gazastreifens nicht zu verlassen. Auch der Präsident Palästinas, der das Westjordanland und Westjerusalem regiert, lehnt die Aufforderung zur Evakuierung ab. Er bezeichnet diese als «angeordnete Vertreibung».
Die Vereinten Nationen halten es für unmöglich, dass eine solche Bewegung ohne verheerende humanitäre Folgen stattfinden kann.
Auch die UNO kritisiert die Aussagen des israelischen Militärs: «Die Vereinten Nationen halten es für unmöglich, dass eine solche Bewegung ohne verheerende humanitäre Folgen stattfinden kann», sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric in einer Erklärung. Die UNRWA hat bekannt gegeben, dass sie die Schulen nicht evakuieren werde.
Wird Ägypten die Grenze öffnen? Das benachbarte Ägypten hat unterdessen «noch nie dagewesene Massnahmen» ergriffen, um das Überschreiten der Grenze zum Gazastreifen zu verhindern, so ein hoher ägyptischer Sicherheitsbeamter gegenüber AP. Ägypten lehnt die Umsiedlung von Palästinensern in sein Hoheitsgebiet entschieden ab, zum einen wegen der damit verbundenen Kosten, zum anderen, weil dies ihr Streben nach einem unabhängigen Staat Palästina untergraben würde.
Wann können die Bewohner wieder zurück? Die israelische Armee hat in ihrem Statement vom Freitagmorgen geschrieben: «Sie können erst dann nach Gaza-Stadt zurückkehren, wenn eine weitere Ankündigung erfolgt, die dies erlaubt.» Wann das der Fall sein wird, ist unklar. Mahmoud Abbas vergleicht die Evakuierung mit der «Nakba». «Die Katastrophe», bei der 700'000 Palästinenser und Palästinenserinnen 1948 aus dem heutigen Israel vertrieben wurden. Sie konnten nie mehr zurück.