Zum Inhalt springen

Angriffe auf Kinder «Russen wollen Angst und Schrecken verbreiten»

Ein russischer Luftangriff auf einen Spielplatz in der ukrainischen Stadt Krywyj Rih hat 18 Menschen das Leben gekostet – darunter neun Kinder, so viele wie noch nie bei einem einzelnen Anschlag seit Kriegsbeginn. Fährt Russland nun diese Kriegstaktik, nachdem eine Waffenruhe auf Energieanlagen vereinbart worden ist? Die Ukraine bringt den Anschlag vor den UNO-Sicherheitsrat. SRF-Korrespondent David Nauer ordnet ein.

David Nauer

Ukraine- und Russland-Korrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

David Nauer ist Ukraine- und Russland-Korrespondent bei SRF TV. Von 2016 bis 2021 war er als Radio-Korrespondent in Russland tätig. Zuvor war er Russland-Korrespondent des «Tages-Anzeigers». Nauer reist seit Beginn des russischen Angriffskriegs regelmässig in die Ukraine.

Hier finden Sie weitere Artikel von David Nauer und Informationen zu seiner Person.

Ist der Angriff auf Kinder eine neue Kriegstaktik der Russen?

Die Russen greifen systematisch zivile Ziele an, immer und immer wieder. Es gab Angriffe auf Märkte, auf Spitäler, Schulen – und auch auf Kinderspielplätze. Dass Russland zivile Ziele angreift, ist nicht neu, sondern Alltag in der Ukraine. Im Einzelfall des Spielplatzes in Krywyj Rih ist unklar, ob die Russen wirklich das Ziel getroffen haben, das sie angreifen wollten, oder ob sie schlicht daneben geschossen haben. Fakt aber ist: Die Russen greifen so regelmässig zivile Ziele an, dass es insgesamt ohne Zweifel eine bewusste Strategie ist in diesem Krieg. 

Welche Strategie verfolgen die Russen mit gezielten Drohnen- und Raketenangriffen?

Es geht den Russen offenkundig darum, Angst und Schrecken zu verbreiten. Es ist eigentlicher Terror. Die ukrainische Bevölkerung soll demoralisiert werden, sie soll derart zermürbt werden, dass die Mehrheit der Menschen am Schluss sagt: Besser, wir kapitulieren, dann hört das wenigstens auf. 

Wieso schaltet Kiew den UNO-Sicherheitsrat ein?

Die Ukrainer werden versuchen, die russischen Kriegsverbrechen vor der Welt anzuprangern – und die Russen werden alles abstreiten und wohl behaupten, sie würden nur militärische Ziele angreifen, was eine glatte Lüge ist. 

Spielplatz mit Blumen- und Kuscheltiergedenken vor Wohnblocks.
Legende: Beim Angriff auf einen Spielplatz in der ukrainischen Stadt Krywyj Rih kamen 18 Menschen ums Leben – neun davon Kinder. (7.4.2025) Keystone / EVGENIY MALOLETKA

Wie verändert sich der Alltag der Menschen in der Ukraine?

Äusserlich wenig. Die Menschen leben weiter, gehen arbeiten, einkaufen, gehen ins Restaurant. Die Ukrainerinnen und Ukrainer gehen bei einem Luftalarm kaum in den Bunker. Die Menschen sagen sich: Wir können jetzt ja nicht einfach erstarren, wir müssen weitermachen. Und viele haben sich an die ständige Gefahr schlicht gewöhnt.

Machen solche Angriffe die ukrainische Bevölkerung kriegsmüde?

Klar gibt es eine psychische Erschöpfung nach über drei Jahren Krieg, nach über drei Jahren permanenter Bedrohung. Es gibt viele Menschen in der Ukraine, die sich ein möglichst baldiges Ende des Krieges wünschen. Die wenigsten sind jedoch für eine Kapitulation. Die Ukrainerinnen und Ukrainer wollen ihren unabhängigen, freien Staat behalten – und dafür kämpfen. Ein beeindruckendes Beispiel ist ein freiwilliger Helfer, der im südukrainischen Cherson stationiert ist. Sein ziviles Auto, mit dem er einen Mann aus dem Frontgebiet evakuierte, wurde von einer Drohne zerstört. Der Helfer hat mit Glück überlebt – sagte dann aber gleich: «Heute Abend mache ich schon die nächste Evakuierung.»

Krieg in der Ukraine

Box aufklappen Box zuklappen

Echo der Zeit, 8.4.2025, 18 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel