Zum Inhalt springen

Friedenstruppen für Ukraine? Die Ukraine braucht Waffen und keine hypothetischen Diskussionen

Am hastig einberufenen europäischen Krisentreffen in Paris war gestern viel die Rede von europäischen Friedenstruppen in der Ukraine, die ein mögliches Waffenstillstandsabkommen sichern würden – aus der Not heraus, weil die USA sich nicht mehr engagieren wollen. In Kiew kam das grundsätzlich gut an, endlich seien die Europäer aufgewacht, hiess es.

Präsident Wolodimir Selenski sieht dies allerdings vor allem als ersten Schritt hin zu einer europäischen Armee, die dereinst Europa – inklusive der Ukraine – vor russischen Truppen schützen könnte. Er machte auch klar, dass die Ukraine weniger auf ausländische Soldaten angewiesen ist als auf genügend Waffen, Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsysteme. Und auf Geld für die eigene – oder gemeinsame – Rüstungsproduktion.

Trump will Ukraine wohl den Russen ausliefern

Und da liegt das Problem der Diskussion um Friedenstruppen: Sie ist realitätsfremd und spaltet Europa. Wichtige Länder wie Deutschland und Polen wollen keine Zusicherung geben, unter anderem wegen der anstehenden Wahlen und weil die Streitkräfte im eigenen Land gebraucht werden.

Die Ukraine wiederum braucht im Moment vor allem massive Waffenhilfe, die sie bei den anstehenden Verhandlungen stärken. Europa könnte sich zudem endlich entschliessen, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte der Ukraine zu überlassen. Es müsste weitere Sanktionen gegen Russland ergreifen und die bestehenden keinesfalls aufheben, wie das die USA unter Donald Trump wahrscheinlich tun werden.

Es zeichnet sich ab, dass Trump die Ukraine den Russen ausliefern und daraus noch Profit schlagen will. Seine jüngsten Aussagen zur Ukraine, und vor allem auch die Aussagen von Vize J.D. Vance und Elon Musk, unterscheiden sich immer weniger von den russischen Propagandalügen.

US-Delegation erpresst Selenski

Und auch die Methoden gleichen sich an. So versuchte die US-Delegation am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, den ukrainischen Präsidenten regelrecht zu erpressen. Er sollte ein Abkommen unterzeichnen, das rund die Hälfte der ukrainischen Bodenschätze privaten US-Investoren überlassen hätte – ohne dafür Sicherheitsgarantien zu erhalten. Selenski jedoch liess sich nicht darauf ein. Es ist möglich, dass Trump dies zum Anlass nehmen wird, der Ukraine vorzuwerfen, sie wolle ein Abkommen sabotieren, und sich vollends auf die Seite von Russlands Putin schlägt.

Das ist die Realität, mit der sich die Ukraine konfrontiert sieht, und mit ihr auch die europäischen Staaten. Sie müssten deshalb entsprechend handeln, statt sich in hypothetischen Diskussionen zu verirren.

Judith Huber

Osteuropa-Korrespondentin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Vor ihrer Tätigkeit als Osteuropa-Korrespondentin war Judith Huber als Auslandredaktorin tätig. Sie war zudem jahrelang Produzentin der Sendung «Echo der Zeit» von Schweizer Radio SRF. Judith Huber ist spezialisiert auf die Länder der ehemaligen Sowjetunion und ist Sonderkorrespondentin für die Ukraine.

News Plus, 17.02.2025, 16:00 Uhr

Meistgelesene Artikel