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Nato-Treffen mit Selenski Welche Rolle spielt die Nato künftig im Ukraine-Krieg?

In Brüssel treffen sich die Staats- und Regierungschefs europäischer Nato-Staaten mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Hinter verschlossenen Türen ringen sie um Antworten auf eine drängende Frage: Welche Rolle wären sie bereit, im Ukraine-Friedensdeal zu spielen, den der künftige US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf versprochen hat? Was auf dem Spiel steht, erklärt Sebastian Ramspeck, internationaler Korrespondent von SRF.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

Hier finden Sie weitere Artikel von Sebastian Ramspeck und Informationen zu seiner Person.

Wer nimmt am Treffen teil?

Beim Abendessen in der Residenz von Nato-Generalsekretär Mark Rutte trifft Selenski Spitzenpolitiker der wichtigsten europäischen Unterstützerstaaten. Darunter der französische Präsident Emmanuel Macron sowie die Regierungschefs Deutschlands und Polens, Olaf Scholz und Donald Tusk. Das Treffen dürfte das letzte dieser Art vor der Amtsübernahme Trumps am 20. Januar sein.

Person spricht am NATO-Pult vor blauem Hintergrund.
Legende: Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski nahm bereits am Dienstag an einer Konferenz im Nato-Hauptquartier in Brüssel teil. (17.12.2024) REUTERS/Yves Herman

Welche Rolle spielt die Nato im Ukraine-Krieg?

In den ersten Kriegsjahren spielte die Nato selbst offiziell keine Rolle. Vielmehr war es das Nato-Mitglied USA, das die Militärhilfe für die Ukraine koordinierte. Dazu gehörten Waffenlieferungen aus etwa 50 Staaten. Mittlerweile hat die Nato selbst diese Koordinationsaufgabe übernommen. Grund dafür ist die Furcht europäischer Staaten, die USA unter Trump könnten der Ukraine keine Militärhilfe mehr zukommen lassen und keine Koordinationsrolle mehr spielen wollen.

Trump will Frieden schaffen – aber wie?

Donald Trump will in der Ukraine «innert 24 Stunden» Frieden schaffen. Wie – das bleibt sein Geheimnis. Aus den Aussagen von Trump-Vertrauten lassen sich aber die Umrisse des angestrebten Deals herleiten. Demnach blieben nach einem Waffenstillstand Teile der Ukraine unter russischer Kontrolle. Entlang der Waffenstillstandslinie würde eine entmilitarisierte Zone von Truppen europäischer Nato-Staaten überwacht. Möglicherweise würden diese Staaten der Ukraine auch Sicherheitsgarantien gewähren.

Wären europäische Nato-Staaten bereit, Truppen zu stellen?

Das dürfte ein Hauptthema der Beratungen in Brüssel sein. In Frankreich stösst der Plan auf Zustimmung, Deutschland ist skeptisch. Es fürchtet, in einen Krieg mit Russland hineingezogen zu werden, sollte der Waffenstillstand nicht halten.

Wie steht es um die Sicherheitsgarantien?

Auch diese Frage ist umstritten. Bereits mit dem vage formulierten Budapester Memorandum von 1994 hatten die USA, Grossbritannien und Russland der Ukraine Sicherheit versprochen. Krieg gab es trotzdem. Die Ukraine pocht daher auf konkrete und verbindliche Garantien, am liebsten in Form einer Nato-Mitgliedschaft. Doch auch das weckt die Befürchtung, in den gegenwärtigen beziehungsweise in einen künftigen Krieg Russlands gegen die Ukraine hineingezogen zu werden. 

Wie realistisch ist Trumps Friedensversprechen?

Von seinem Plan wird Trump nicht nur die europäischen Nato-Staaten, sondern vor allem die beiden Kriegsparteien überzeugen müssen. Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, dass sich Selenski und der russische Präsident Wladimir Putin innert Stunden auf eine Waffenstillstandlinie einigen werden. Ebenso unwahrscheinlich erscheint, dass Putin der Stationierung europäischer Nato-Truppen in der Ukraine zustimmen könnte. Mit einem baldigen Friedensdeal rechnet bei der Nato in Brüssel daher kaum jemand.

10vor10, 13.12.2024, 21:50 Uhr ; 

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