Man könne die Situation in der Ostsee durchaus als hybriden Krieg bezeichnen, sagt Edgars Rinkēvičs, der Präsident von Lettland. Man nehme die Situation daher sehr ernst. An einem ausserordentlichen Nato-Gipfel Anfang Januar haben die Ostsee-Anrainerstaaten entschieden, die Präsenz auf See und in der Luft auszubauen.
«Das ist ein Schritt in die richtige Richtung», sagt Rinkēvičs am WEF gegenüber SRF. Doch man müsse realistisch bleiben. Jeden Tag durchqueren etwa 2000 Schiffe das Binnenmeer. Es sei unmöglich, jedes einzelne davon zu kontrollieren.
Sabotageakte auf die Infrastruktur
Immer wieder kommt es zu Sabotageakten auf die Infrastruktur. Erst am Wochenende traf es erneut ein Unterseekabel zwischen Schweden und Lettland.
Im Dezember wurde eine Kabelverbindung zwischen Finnland und Estland zerstört. Damals reagierten die finnischen Behörden schnell und setzten ein verdächtiges Schiff fest. Rinkēvičs lobt diese Reaktion als vorbildlich.
Sanktionen gegen Schattenflotte gefordert
Hinter den Attacken wird die russische Schattenflotte vermutet. Dies sind Schiffe, die unter fremder Flagge im Auftrag Russlands unterwegs sind. Damit umgeht Russland die Wirtschaftssanktionen. Der lettische Präsident fordert daher, diese Schiffe müssten ebenfalls mit Sanktionen belegt werden: «So können wir bereits bestehende Sanktionen durchsetzen und dadurch der Ukraine helfen, aber auch unsere eigene Sicherheit erhöhen».
In der Ostsee ist die russische Bedrohung greifbar. Doch sie beschränkt sich keineswegs nur auf diese Region. Eine weitere Bedrohung sei der russische Versuch, EU und Nato zu spalten. Dies geschehe auf verschiedenen Ebenen: Provokationen, Verbreitung von Desinformation über Social Media oder das Einschleusen von Migranten seien derzeit neben der hybriden Kriegsführung die grössten Herausforderungen.
«Friedensgespräch nur mit der Ukraine»
Die militärische Lage in der Ukraine bewertet Edgars Rinkēvičs als schwierig. Derzeit beobachte man den Versuch Russlands, den militärischen Druck zu erhöhen. Rinkēvičs vermutet, dies geschehe mit Blick auf mögliche Friedensverhandlungen. Lettland zeigte sich bislang skeptisch gegenüber möglichen Verhandlungen. Russland sei weiterhin nicht zu trauen. Allerdings habe sich die Situation verändert.
Er sehe in der Ukraine zunehmend die Bereitschaft, mit Russland zu verhandeln. Auch der neue US-Präsident Donald Trump drängt auf eine Verhandlungslösung.
Russland wird sich neu formieren, um dann einen neuen Versuch zu wagen.
Doch für den lettischen Präsidenten ist klar: Über die Ukraine könne nicht verhandelt werden, nur mit der Ukraine. Dabei dürfe man sich keine Illusionen machen.
Erhöhung der Verteidigungsausgaben
«Russland wird sich neu formieren, um dann einen neuen Versuch zu wagen», ist Edgars Rinkēvičs überzeugt. Er sei daher mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump einig, dass die Verteidigungsausgaben erhöht werden müsste.
Denn nur mit einer starken Nato lasse sich Russland in die Schranken weisen.