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Vorwürfe an die Ukraine Russland verhindert Untersuchungen in Kursk

Russische Vorwürfe gegen die Ukraine muss man vorsichtig behandeln. Zu Moskaus Krieg gegen sein Nachbarland gehörten von Beginn an Falschinformationen: Mit der illegalen Annexion der Krim, die Wladimir Putin heute als seine Sternstunde verkauft, wollte dieser zunächst nichts zu tun gehabt haben.

Es folgten diverse Erzählungen zur Ukraine, die das Land diskreditieren sollten. Der Kreml verbreitet bis heute viele längst widerlegte Narrative. Nun erhebt Russland neue Vorwürfe: Nachdem ukrainische Einheiten aus der russischen Region Kursk vertrieben wurden, sollen Hinweise auf Kriegsverbrechen gefunden worden sein.

Die Ukrainer hätten unbewaffnete Zivilpersonen getötet, behaupten die russischen Behörden.

Unabhängige Beobachter nötig

Mögliche Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung sind immer ernst zu nehmen. Dazu gehören Untersuchungen durch unabhängige Beobachterinnen und Beobachter.

Doch als das UNO-Menschenrechtsbüro um Zugang zu Kursk bat, wurde es von Russland ignoriert. Eine Einladung der Ukraine, den besetzten Teil von Kursk zu besuchen, musste die UNO ablehnen, weil die Zustimmung Russlands fehlte.

Auch Medien haben bestenfalls begrenzten Zugang zu Kursk. Ein Antrag von Radio SRF, vor Ort recherchieren zu dürfen, verlief im Sand. Mithilfe örtlicher Aktivistinnen und Aktivisten konnte das unabhängige russische Medium «7x7» Berichte einiger ziviler Opfer in Kursk überprüfen und 30 Todesfälle bestätigen.

Bei vielen handelt es sich um ältere, bettlägerige Menschen, die zurückgelassen in evakuierten Dörfern eines natürlichen Todes starben. Andere kamen durch Artilleriebeschuss um – von welcher Seite, ist unklar.  

Russische Behörden unterdrücken Informationen

Drei Aktivisten berichteten, die Behörden hätten ihnen verboten, Infos zu den Todesopfern zu veröffentlichen. Stattdessen verbreiten die Staatsmedien ihre Darstellung des angeblichen «Genozids an Russen» in Kursk.

In den Berichten und Zeugenaussagen gibt es jedoch viele Widersprüche, und die Behörden benennen weder Opfer noch deren Todesursache klar. Das UNO-Menschenrechtsbüro gibt an, das vorhandene Material aus der Ferne überprüft zu haben. Bestätigen liessen sich die russischen Vorwürfe dadurch nicht.

Die Behauptungen Russlands dazu, was in Kursk geschah, lassen sich also nicht belegen, aber auch nicht widerlegen. Dem Kreml scheint das recht zu sein. Moskau klagt, die Welt schaue weg, wenn es um russische Opfer gehe. Aber es ist der Kreml selbst, der ein Hinschauen verhindert. Dieses Unrecht an der russischen Zivilbevölkerung in Kursk ist belegt.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

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Rendez-vous, 15.4.2025, 12:30 Uhr;brus ; 

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