Während US-Präsident Donald Trump sich dafür entschieden hat, das Atomabkommen mit dem Iran zu missachten, hält sich der Iran bisher buchstabengetreu daran.
Das hätten auch die Inspektoren der UNO-Atombehörde IAEA vielfach bestätigt, sagt Michael Ellermann vom Londoner Strategieinstitut IISS. Er war früher selber UNO-Waffeninspektor im Irak. Karriere gemacht hatte der Atomwaffen- und Raketenexperte ursprünglich in der amerikanischen Rüstungsindustrie.
Doch Teherans Interesse, am Abkommen festzuhalten, ist gewaltig gesunken. Denn die USA verhängen nicht nur selber neue Sanktionen gegen den Iran, sondern nötigen auch den Rest der Welt dazu.
Iran wird Abkommen weiter auslegen
Oberwasser haben nun die Radikalen in Teheran, unter denen sich viele immer schon schwer taten mit dem Abkommen und der Selbstverpflichtung, keine Atombomben zu bauen. Sie argumentieren nun so: Wenn die andere Seite ihren Teil der Verpflichtungen, die Sanktionsaufhebung, nicht mehr einhält, wieso sollen wir dann vertragstreu bleiben?
Laut Ellermann ist nun die wahrscheinlichste Variante, dass der Iran nach Ablauf des Ultimatums Ende Woche das Abkommen nicht brachial verletzt, aber es zumindest ritzt.
Abkommen ist noch nicht toter Buchstabe
Würde der Iran jedoch, wie angedroht, wieder Uran anreichern und zwar selbst auf höhere Werte, wie sie zum Atombombenbau nötig sind, dann wäre das 2015 als historisch benannte Atomabkommen toter Buchstabe. Dann könnten auch die übrigen Vertragsstaaten Frankreich, Grossbritannien, Deutschland, Russland und China nichts mehr tun, um es zu retten. Ja, sie hätten nicht einmal mehr einen Anreiz dazu.
Jenen grossartigen neuen Vertrag auszuhandeln, von dem Trump immer wieder spricht, sei hingegen fast unmöglich, ist Ellermann überzeugt. Auch wegen des zurzeit abgrundtiefen Misstrauens zwischen Washington und Teheran.
Ein besserer Vertrag als der bestehende ist kaum möglich.
Und weil Trump Maximalforderungen stellt. Nicht nur will er das Abkommen, das bereits in wenigen Jahren ausläuft, auf unbestimmte Zeit verlängern, was durchaus sinnvoll wäre. Der Iran müsste ausserdem weitgehend auf sein Raketenprogramm verzichten. Ellermann bezweifelt, dass sich der Iran durch Druck soweit bringen lässt, dafür Hand zu bieten.
Lässt Teheran Ende Woche dem Ultimatum Taten folgen, steigen die Spannungen weiter. Zumal klar ist: Das Land könnte in recht kurzer Zeit tatsächlich Atombomben herstellen. Das Know-how ist vorhanden. Die technischen Voraussetzungen wären es bald wieder.
Wenn die iranische Führung die Lage nüchtern beurteilt, müsste sie davon absehen, sagt Ellermann. Denn ein Iran mit Atombomben sei nicht sicherer als einer ohne. Weil eine iranische Atombombe zwangsläufig zu einem atomaren Rüstungswettlauf im Nahen Osten führen würde.
Atombombe würde den Iran nicht sicherer machen, aber Rüstungswettlauf anheizen.
Auch die Saudis, die Emiratis und andere würden dann auf Atombomben setzen. Der Nahe Osten würde noch unsicherer. Und Irans beharrlicher Vormarsch, auch ohne Atombomben zur regionalen Vormacht zu werden, wäre gefährdet.