Für die chinesische Führung ist er schon lange ein rotes Tuch: Jimmy Lai. Er ist Gründer der prodemokratischen Hongkonger Zeitung «Apple Daily». Das Blatt wurde 2021 zwangsweise eingestellt, nachdem es wegen angeblicher Verstösse gegen das Sicherheitsgesetz ins Visier der Behörden geraten war.
Das Sicherheitsgesetz, das erst 2020 als Reaktion auf grosse Demonstrationen für mehr Demokratie in Kraft trat, richtet sich gegen die prodemokratische Opposition und gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten wurden seit dem Ende der Proteste bereits verurteilt oder sind ins Ausland geflohen.
Die Proteste in Hongkong 2019
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Begonnen hatten die Proteste im März 2019, nachdem die Regierung in Hongkong ein neues Gesetz verabschieden wollte. Dieses hätte es erlaubt, Häftlinge, denen der Prozess gemacht werden soll, auszuliefern und vor ein chinesisches Gericht zu bringen.
Menschenrechtsgruppen, Unternehmerinnen und Investoren, Juristinnen und Anwälte, religiöse Gruppen – alle fürchteten um den Sonderstatus, den Hongkong in China geniesst. So gingen immer wieder Hunderttausende auf die Strasse.
Sie hörten auch nicht auf, als die Regierung das Gesetz auf Eis legte und dessen Behandlung im Parlament aussetzte. Die Leute protestierten weiter und dabei kam es immer öfter zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Die Pandemie brachte die Proteste zu Fall
Erst die Covid-Pandemie und die damit verbundenen Massnahmen wie Social Distancing brachten die Proteste vollends zum Erliegen. Die Forderungen der Protestierenden blieben unerfüllt.
In der Folge führte China im Juni 2020 ein nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong ein. Das Gesetz, das sehr weitläufig interpretiert werden kann, erlaubt es den Gerichten, Subversion, Sezession, Terrorismus und Zusammenarbeit mit ausländischen Mächten mit bis zu lebenslänglicher Haft zu bestrafen.
Lai wurde bereits zu zwei Haftstrafen verurteilt und sitzt seit drei Jahren im Gefängnis. Sollte Lai, wie erwartet, auch in dem nun beginnenden Prozess schuldig gesprochen werden, droht ihm im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe.
Kurz vor Beginn des Prozesses in der früheren britischen Kronkolonie forderte die Regierung in London die sofortige Freilassung des Verlegers. Die politisch motivierte Strafverfolgung Lais, der auch einen britischen Pass hat, müsse umgehend eingestellt werden, sagte Aussenminister David Cameron einer Mitteilung vom späten Sonntagabend zufolge.
Verhaftungen auf der Grundlage des Sicherheitsgesetzes haben die Stimmen der Opposition zum Schweigen gebracht.
Der frühere Premierminister zeigte sich besorgt über das umstrittene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit, gegen das Lai verstossen haben soll. China breche damit seine internationalen Verpflichtungen, so Cameron. «Es hat Hongkong geschadet und Rechte und Freiheiten erheblich ausgehöhlt. Verhaftungen auf der Grundlage des Gesetzes haben die Stimmen der Opposition zum Schweigen gebracht.»
Der scheinbar ungebrochene Jimmy Lai
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«Jimmy Lai ist einer der prominentesten und wahrscheinlich auch einer der schärfsten Kritiker Pekings», erklärt der freie Journalist Fabian Kretschmer gegenüber Radio SRF. «Wahrscheinlich ist er auch der Letzte, der trotz Gefängnisstrafe an seiner Haltung nichts geändert hat. Er ist quasi ungebrochen. Und deswegen wird sein Prozess auch als Test für die Pressefreiheit in Hongkong und auch für die Rechtsstaatlichkeit gewertet.»
Peking ginge es jetzt darum, ein Exempel zu statuieren, meint Kretschmer. «Die meisten der oppositionellen Kräfte in Hongkong sind ja schon verstummt. Sie sind ins Ausland gezogen. Sie sind auch teilweise verhaftet worden, sind im Gefängnis oder haben sich ins Private zurückgezogen. Und Jimmy Lai hält quasi fest daran. Er ist nach wie vor kritisch. Er beugt sich nicht. Ich glaube, das ist Peking ein Dorn im Auge.»
Ein Sprecher des Pekinger Aussenministeriums wies die Kritik am Montag als «Einmischung» zurück. Lai sei der «Hauptplaner der antichinesischen Unruhen» und «die treibende Kraft hinter dem Chaos in Hongkong», sagte Sprecher Wang Wenbin.
Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland, Christian Mihr, kritisierte das Verfahren gegen Lai. «Kurz vor diesem historischen Prozess ist es wichtiger denn je, dass sich die internationale Gemeinschaft hinter Jimmy Lai stellt», so eine Mitteilung. «Das Gericht muss sich an die Rechtsstaatlichkeit halten und dieses fadenscheinige Verfahren einstellen.»
Ein Land, zwei Systeme?
Seit dem 1. Juli 1997 gehört die einstige britische Kronkolonie wieder zur Volksrepublik China. Hongkong wird nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» regiert.
Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 «ein hohes Mass an Autonomie» und viele Freiheiten geniessen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von «ein Land, ein System».
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Video
Archiv: Porträt von Jimmy Lai in den 1990er Jahren
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