- Nach dem Brexit-Kraftakt ist die Geschlossenheit der Europäischen Union wieder dahin – bei Themen wie der Finanzplanung ab 2021 und der EU-Erweiterung liegen die Positionen weit auseinander.
- Als Nettozahler beharren Staaten wie Deutschland und Österreich darauf, das Volumen des Haushalts auf 1.0 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung zu begrenzen.
- Vertagt wurde in der Nacht zu Freitag nach sechsstündiger Debatte auch eine Entscheidung über EU-Beitrittsgespräche von Nordmazedonien und Albanien.
- Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und einige andere Staaten stellten sich quer.
Neben dem gemeinsamen Etat berieten Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen am zweiten Tag des EU-Gipfels in Brüssel mit der künftigen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auch über die strategischen Ziele für die nächsten fünf Jahre.
Im Rahmen des EU-Haushalts forderte von der Leyen mehr Geld für Klimaschutz, Digitales, Innovation, Forschung und Entwicklung auszugeben. Es sei entscheidend, den Modernisierungsteil der Finanzplanung zu stärken. Allerdings stehe vor einer Einigung noch ein «starkes Stück Arbeit». Man liege sehr weit auseinander, sagte von der Leyen. Ein EU-Diplomat meinte: «Wir erwarten schwierige Gespräche.»
Finanzielle Mehrbelastung für Deutschland
Österreichs Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein wies am Freitag darauf hin, dass durch den für Ende Oktober geplanten Brexit einer der grössten Beitragszahler wegfalle. Wenn der Gemeinschaftshaushalt nach dem Brexit nicht stark verkleinert werden soll, müssen die fehlenden Mittel allerdings von anderen Staaten aufgebracht werden.
Schätzungen zufolge könnte bereits ein Festhalten an der 1.0-Prozent-Quote für Deutschland eine jährliche Mehrbelastung von rund zehn Milliarden Euro bedeuten. Zudem würde die Differenz zwischen dem, was Deutschland einzahlt und wieder herausbekommt 2027 auf ein Minus von bis zu 35 Milliarden Euro steigen.
Neben dem Haushaltsumfang sind auch seine Verwendung und mögliche Rabatte bei den Beitragszahlungen Anlass für Streit unter den Mitgliedstaaten. So kämpfen zum Beispiel Länder wie Polen vehement gegen vorgeschlagene Einschnitte bei Geldern für strukturschwache Regionen und Länder wie Frankreich und Irland gegen die Kürzung von Agrarhilfen.
Ziel ist, dass Finnland als derzeitiger Vorsitzender der EU-Staaten beim Gipfel im Dezember einen detaillierten Entwurf für den Haushalt von 2021 bis 2027 vorlegt.
Vertagt wurde auch eine Entscheidung über EU-Beitrittsgespräche von Nordmazedonien und Albanien. Österreichs Kanzlerin Bierlein bedauerte, dass keine Einigung gefunden wurde. «Ich halte es für die Solidarität der Europäischen Union und auch für die Sicherheit in der Region für kein gutes Zeichen.»