Myanmar ist aus den internationalen Schlagzeilen verschwunden. Doch nun lenkt ein UNO-Bericht das Scheinwerferlicht auf die Unterdrückung der burmesischen Bevölkerung durch das Militärregime. Die Rede ist von einem dramatischen Anstieg der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die herrschende Junta schrecke auch vor gezielten Luftangriffen auf Wohnhäuser, Schulen und Klöster nicht zurück.
Strafe für den anhaltenden Widerstand
Nach langer Funkstille drang vor einer Woche aus Myanmar wieder einmal eine Nachricht, die um die Welt ging. Die abgesetzte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi werde begnadigt, hiess es zunächst. Später wurde klar, was das Regime damit meint: Es bekräftigt die rein politisch motivierte Inhaftierung, auch wenn es sie – was bei einer 78-jährigen Politikerin zynisch ist – von 33 auf 27 Jahre reduziert. De facto ist es immer noch lebenslängliche Haft.
Die UNO hat ein Gremium mit dem sperrigen Namen «Unabhängiger Untersuchungsmechanismus für Myanmar» geschaffen. Es soll die schlimmsten Menschenrechtsverbrechen in Myanmar dokumentieren und Beweise sammeln. Der Bericht des UNO-Ermittlungsteams gelangt nun zu erschütternden Ergebnissen: Myanmars Militärführung geht immer brutaler gegen die eigene Bevölkerung vor.
Wohnhäuser, ja ganze Dörfer werden aus der Luft angegriffen oder niedergebrannt. Zu Hunderten werden Menschen willkürlich verhaftet. Es häufen sich Fälle von sexueller Gewalt und Folter. Offenkundig wollen die Generäle das eigene Volk für dessen anhaltenden Widerstand bestrafen, indem sie gezielt die Zivilbevölkerung angreifen. Mit dem Ergebnis, dass sich viele erst recht auflehnen.
China und Russland schützen die Junta
Die UNO spricht von Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen. Zwar können die UNO-Leute – Anwälte, Polizeiermittler, Politikanalysten – nicht in Myanmar selber recherchieren; die Junta verbietet ihnen jeden Zugang. Doch die Datenlage ist umfangreich: mehr als 700 Quellen, Zeugenaussagen, Video-, Foto- und Tondokumente, Satellitenaufnahmen und kriminaltechnische Erkenntnisse. Offenkundig kooperieren zahllose, mutige Burmesinnen und Burmesen mit der UNO – und riskieren dafür ihre Freiheit oder gar ihr Leben.
Nützlich sind die Erkenntnisse zunächst nicht juristisch, sondern nur politisch: Sie lenken die Aufmerksamkeit wieder auf die blutige Herrschaft in Myanmar und könnten Regierungen dazu bringen, den Druck zu erhöhen. Allerdings haben die Putschgeneräle zwei mächtige Verbündete, welche sie vor UNO-Sanktionen schützen: China und Russland. Peking hat traditionell viel Einfluss in Myanmar, Moskau liefert Waffen an die Junta.
Die UNO-Ermittler reichen ihr Daten- und Beweismaterial an den Internationalen Strafgerichtshof ICC und den obersten UNO-Gerichtshof weiter. Doch bis die Täter angeklagt werden können, dürften – wie immer in solchen Fällen – Jahre, ja Jahrzehnte verstreichen. Doch falls die Junta-Mitglieder irgendwann tatsächlich vor Gericht landen – an Beweisen für ihre Verbrechen wird es nicht fehlen.