Zuerst hielt die inzwischen abgetretene UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, den mit Hochspannung erwarteten Bericht über das Schicksal der Uiguren in China monatelang zurück. Erst Minuten bevor sie ging, veröffentlichte sie ihn Ende August doch noch.
Der Bericht zeigt detailliert und erschütternd das Los der muslimischen Minderheit in China auf. Faktenreich und ungeschminkt. Damit kritisierte erstmals nicht einfach eine weitere Menschenrechtsorganisation oder eine westliche Regierung das chinesische Regime, vielmehr die UNO selber. Das wurde in Peking mit Empörung quittiert.
17 stimmten dafür, 19 dagegen
Der nächste logische Schritt wäre nun gewesen, dass sich das zuständige UNO-Organ, der Menschenrechtsrat, mit der Problematik befasst, allenfalls Sonderberichterstatter einsetzt oder eine Untersuchungskommission, und China wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt. All das passiert nicht.
Mit einem diplomatischen Powerplay erreichte Peking, dass der UNO-Bericht völlig folgenlos bleibt. Nicht einmal eine Debatte darüber wird es im Menschenrechtsrat geben. 19 der 47 Menschenrechtsratsmitglieder sprachen sich dagegen aus, schlugen sich also auf die Seite Chinas, nur 17 votierten für eine Diskussion. Sie wäre historisch gewesen, die erste überhaupt über die Unterdrückung der Uiguren.
Menschenrechtsrat in seiner schwärzesten Stunde
China scharte also nicht nur Diktaturen hinter sich wie Kuba, Eritrea, Qatar, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Venezuela, sondern auch Demokratien wie Indonesien, Senegal oder Namibia. Sogar die meisten muslimischen Länder mochten sich nicht solidarisieren mit ihren uigurischen Brüdern und Schwestern. Andere, etwa Indien oder Argentinien, enthielten sich der Stimme. Damit forderten am Ende fast ausschliesslich westliche Länder, die Uiguren-Problematik wenigstens zu thematisieren. Erfolglos. Für den Westen ist das eine Ohrfeige.
Das Signal ist ernüchternd: Ist ein Land mächtig genug, kann es sich in Sachen Menschenrechte alles erlauben. Weder wird es zur Rechenschaft gezogen, noch an den Pranger gestellt. Dazu kommt: Chinas Sichtweise, Menschenrechte seien keine einklagbaren Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern, sondern wolkige Ansprüche, die eher Staaten zustehen, setzt sich weltweit zunehmend durch. Ebenso, dass sich der Menschenrechtsrat nicht in innere Angelegenheiten eines Landes einmischen darf. Dabei ist genau das seine Aufgabe, sobald Regime Menschenrechte mit Füssen treten.
Der UNO-Menschenrechtsrat erlebte heute seine schwärzeste Stunde. Seine Glaubwürdigkeit ist schwer erschüttert.