Im Blog «Passblue», der sich auf UNO-Themen spezialisiert hat, war vor wenigen Tagen die Geschichte von Agnès zu lesen. Agnès ist nicht ihr richtiger Name. Die Frau wurde als eine unter 130'000 Menschen nach einem Vulkanausbruch in Kongo-Kinshasa obdachlos. Sie fand Unterschlupf in einem Lager der UNO-Friedenstruppen Monusco. Dort wurde sie von einem Blauhelmsoldaten schwanger. Agnès fordert nun gerichtlich, dass der Soldat seine Vaterschaft anerkennt.
Sie ist damit nur eine von 747 Frauen, die das bisher versucht haben, die meisten ohne Erfolg. Das möchte UNO-Generalsekretär António Guterres ändern: «Es ist unentschuldbar, wenn UNO-Vertreter ihre Rolle missbrauchen, um jene auszunutzen, die sie schützen sollten. Kinder aus solchen Beziehungen werden oft stigmatisiert, leben in Unsicherheit und Armut.»
Potenzielle sexuelle Übeltäter müssen wissen, dass die UNO hart gegen sie vorgehen würde.
Noch deutlich schärfer drückte es vor einiger Zeit die damalige UNO-Botschafterin der USA, Samantha Power, aus: «Wenn Menschen einen Blauhelmsoldaten auf sich zukommen sehen, denken sie: Endlich einer, der mir hilft. Und nicht: Ich muss fortrennen, um mich zu schützen.»
Zwar verübt nur eine winzige Minderheit der über die Jahrzehnte hunderttausenden von UNO-Blauhelmsoldaten und -Polizisten solche Missbräuche. «Doch wenige Fälle reichen, um ganze UNO-Friedensoperationen zu diskreditieren», weiss Blauhelm-Generalleutnant Mohan Subramanian.
«Potenzielle sexuelle Übeltäter müssen wissen, dass die UNO hart gegen sie vorgehen würde», betont Christine Besong von der UNO-Blauhelmmission im Südsudan. Und Adama Ndao von der UNO-Operation in Zentralafrika spricht von «niemals tolerierbaren Taten».
Tatsächlich kennt die UNO seit längerem Nulltoleranzvorschriften. Jegliche sexuellen Handlungen mit Abhängigen – und das sind im Umfeld von UNO-Operationen in Krisengebieten die meisten – sind verboten. Doch das durchzusetzen, ist schwierig. Die für Managementfragen zuständige UNO-Vizegeneralsekretärin Catherine Pollard spricht zwar von Fortschritten: «Doch es reicht nicht.»
2023 Rekordjahr für verweigerte Vaterschaften
Zahlen zu verweigerten Vaterschaftspflichten werden nun von der UNO veröffentlicht. Sie zeigen, dass das 2023 diesbezüglich ein unrühmliches Rekordjahr war. Es steht zudem, aus welchen Ländern die Väter stammen. Das soll den Druck auf die Entsenderstaaten erhöhen. Die Gerichtsverfahren kann die UNO selber nicht durchführen, das müssten die Truppenstellerländer tun.
Allein kann die UNO zu wenig ausrichten. Die Regierungen müssen kooperieren.
Sie könnten auch, was die UNO fordert, DNA-Tests von allen Blauhelmsoldaten bereits vor ihren Einsätzen durchführen. Das würde die systematische Identifizierung von Vätern ermöglichen. Die meisten Staaten verweigern dies jedoch. UNO-Chef Guterres mahnt deshalb: «Allein kann die UNO zu wenig ausrichten. Die Regierungen müssen kooperieren.»
Zwingen kann sie die UNO nicht, zumal sie darauf angewiesen ist, dass Staaten ihr überhaupt Blauhelmsoldaten zur Verfügung stellen.
Fonds für Mütter mit Blauhelm-Kindern
Zumindest Linderung schaffen soll nun ein Fonds, mit dem Mütter solcher Blauhelm-Kinder unterstützt werden, sagt Catherine Pollard. Sie räumt indes ein: «Der Fonds ist zu kärglich dotiert, um in allen Fällen zu helfen.»
So erhielt die eingangs erwähnte Agnès im Kongo von der UNO Geld für die Eröffnung eines kleinen Restaurants. Es waren gerade mal hundert Dollar.