Das jüngste Beispiel liegt erst ein paar Tage zurück. Die USA drängten im UNO-Sicherheitsrat darauf, auf Haiti wieder eine Blauhelmmission einzusetzen. Russland und China verhinderten das jedoch mit ihrem Veto.
Es ist generell schwierig geworden, neue UNO-Friedensoperationen ins Leben zu rufen. In Syrien gelang das nicht, in der Ukraine ist es nicht ernsthaft ein Thema, ebenso wenig in Gaza. «Sogar die Mandate bisheriger Blauhelmeinsätze zu verlängern, stösst auf Widerstand», klagt die norwegische Entwicklungshilfe-Ministerin Anne Beathe Tvinnereim: «Dabei sind Blauhelme ein unverzichtbares Instrument im UNO-Handwerkskasten.»
Frühere Blauhelmoperationen endeten erfolgreich: in Osttimor, Liberia, Sierra Leone oder an der Elfenbeinküste. In den letzten Jahren wurden aber andere abgebrochen und zurück blieb ein Chaos, so in Mali oder Darfur. Aus Kongo-Kinshasa ziehen sich die Friedenssoldaten gerade zurück, hinterlassen aber weder Frieden noch Stabilität.
Der Blauhelmchef hadert
Die Worte des obersten UNO-Blauhelmchefs Jean-Pierre Lacroix jüngst im UNO-Sicherheitsrat glichen einem langen Klagelied: «Es fehlt immer stärker der breite politische und finanzielle Rückhalt für Blauhelmoperationen. Wichtige Akteure vor Ort sind oft überhaupt nicht an einem Frieden interessiert.» Es brauche, so Lacroix, wieder eine breite Unterstützung für seine Truppen durch die Weltgemeinschaft und realistischere, will heissen bescheidenere Aufträge.
Gerade das Beispiel der Unifil-Mission im Libanon zeigt, wie weit Erwartungen und Möglichkeiten oft auseinanderklaffen. Hinter den Unifil-Blauhelmen steht zwar die libanesische Regierung. Sie ist aber der schwächste Akteur.
Die Hisbollah hingegen tanzte den UNO-Soldaten jahrelang auf der Nase herum und rüstete im Südlibanon auf. Die israelische Regierung wiederum sah Unifil als Hemmnis beim Kampf gegen die Hisbollah und will die Blauhelme vertreiben. «Doch wir bleiben», betonte Blauhelmchef Lacroix fast trotzig. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stärkt der Unifil verbal den Rücken und kritisiert absichtliche israelische Angriffe auf Unifil-Standorte scharf.
Noch um die Jahrhundertwende gab es weltweit mehr als 110'000 UNO-Friedenssoldaten. Derzeit sind es noch gut 70'000, verteilt auf knapp ein Dutzend Operationen. «Vorbei die Zeiten, als Blauhelme auch an Konflikt-Hotspots wie Bosnien oder Mali entsandt wurden», sagt Jaïr van der Lijn vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri.
«Heute sperren sich jene hauptsächlich westlichen Länder, die Blauhelme finanzieren, allen voran die USA, gegen grosse teure Operationen. Viele Gaststaaten wiederum sehen ihre Souveränität durch die Blauhelmpräsenz eingeschränkt», so van der Lijn.
Deshalb warf das Putschregime in Mali die Blauhelme aus dem Land und holte stattdessen russische Söldner, zumal die nicht auf Demokratie und Menschenrechte pochen. Daniel Forti von der Denkfabrik International Crisis Group sieht «den Anfang vom Ende von UNO-Friedenstruppen, vor allem in Afrika».
Dennoch könnten UNO-Friedensoperationen weiterhin nützlich sein, allerdings mit begrenzteren Ambitionen. Statt zu versuchen, einen Frieden durchzusetzen, zu dem die Streitparteien gar nicht bereit seien, könnten sie die Zivilbevölkerung schützen, bei der Entminung helfen, humanitäre Hilfe ermöglichen oder Wahlen absichern.