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UNO Cybercrime Convention Überwachen wir bald Aktivisten für Russland und China?

Die UNO-Länder wollen besser zusammenarbeiten, um Cyberkriminalität zu bekämpfen. Doch zu welchem Preis?

Darum geht es: Am 24. Dezember hat die UNO Generalversammlung die «Cybercrime Konvention» verabschiedet, die für mehr internationale Zusammenarbeit beim Bekämpfen von Kriminalität im Internet sorgen soll. Doch Menschenrechtsorganisationen warnen: Mit dieser Konvention wollen Autokraten ihre Gegner über Grenzen hinweg verfolgen.

Älterer Mann im Anzug mit Brille und Glatzen sitzt an einem langen Holzpult. Auf dem Schild steht «Russian Federation».
Legende: Russland hat die Konvention vor fünf Jahren lanciert. Co-Sponsoren waren China, Kambodscha, Weissrussland, Myanmar, Nicaragua, Nordkorea und Venezuela. IMAGO / ZUMA Press Wire

Mehr Zusammenarbeit dringen nötig: Die Cyberkriminalität nimmt rasant zu, die Strafverfolgung ist überfordert. Ein grosses Problem ist, dass viele Cyberkriminelle im Ausland sitzen – zum Beispiel in Ländern wie Russland, die Cyberkriminelle nicht verfolgen, solange sie inländische Bürger und Firmen in Ruhe lassen.

Ghada Waly vom UNO-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung nennt die neue Konvention einen entscheidenden Schritt im Kampf gegen den Missbrauch von Kindern im Internet, Online-Betrug und Geldwäscherei.

Dies ist ein entscheidender Schritt in unseren Bemühungen, Straftaten wie den sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet, raffinierte Online-Betrügereien und Geldwäsche zu bekämpfen.
Autor: Ghada Waly Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung

Das befürchten Kritiker: Mit der Konvention können Staaten Verbrecher verfolgen und überwachen, auch wenn sie sich in anderen Staaten aufhalten. Doch «Verbrecher» sind je nach Staat auch Regimekritikerinnen, Aktivisten, Journalistinnen, Andersgläubige oder Homosexuelle. Auffallend: Die treibenden Kräfte hinter der UNO «Cybercrime Convention» sind unter anderem Russland, China und Nordkorea, also alles Staaten, die die bekannt dafür sind, die Freiheit im Internet einzuschränken und Regimegegner auch im Ausland zu verfolgen. Das legt die Vermutung nahe, dass diese Länder die Konvention zu diesem Zweck missbrauchen könnten.

Mann.
Legende: Kritiker meinen, dasss durch die Konvention Staaten wie Russland (Im Bild Präsident Putin) Verbrecher verfolgen und überwachen, auch wenn sie sich in anderen Staaten aufhalten. Keystone/ALEXANDER KAZAKOV

Und nicht nur Regimekritiker könnten betroffen sein, sondern alle. Die Konvention verpflichtet Staaten nämlich, Massnahmen zu treffen, um Verbrechen effektiv verfolgen zu können. Experten befürchten, dass dies einen Ausbau der Überwachung zur Folge haben könnte, bei der Staaten auch präventiv Daten sammeln werden. Fördern könnte dies auch die Tatsache, dass die Konvention nicht nur Cyberkriminalität betrifft: Sie gilt für jede Tat, bei der Informationstechnologie (ein Computer oder ein Smartphone) zum Einsatz kommt.

Die Kritik im Detail

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  • Breiter Geltungsbereich

Die Konvention betrifft nicht nur Internetkriminalität im engeren Sinne wie Datenklau oder Online-Pädokriminalität. Sie betrifft alle Verbrechen, die mittels Infomationstechnologie begangen werden – das ist heute fast jede Tat.

  • Extensive Befugnisse

Ein Staat soll anderen Staaten bei der Verfolgung von Cyberkriminalität helfen. Dafür ist es womöglich nötig, extensive Überwachung einzurichten, auch in Echtzeit und präventiv. Statten sollen sensitive Daten von allen Personen und Unternehmen einfordern können - auch von Investigativjournalisten zum Beispiel oder von Beamten. Das alles soll im Geheimen möglich sein.

  • Wenig Schutz für Menschenrechte

Die Konvention enthält zwar den Schutz verschiedener Menschenrechte, diese gehen Kritikern aber zu wenig weit. Ist zum Beispiel mit der «Meinungsfreiheit» der Journalismus ausreichend geschützt? Ausserdem sind die betreffenden Artikel optional – Staaten können sie umsetzen oder nicht.

  • Schlecht für die Cybersicherheit

Cybersecurity-Experten warnen, dass diese Konvention ihre Arbeit gefährde. Insbesondere das Testen von IT-Systemen würde kriminalisiert. Dadurch könnte die Konvention die Cybersicherheit schwächen, statt sie zu stärken.

Zu den Kritikern gehören Organisationen wie die Human Rights Watch, Electronic Frontier Foundation, Access Now, Digitalcourage und Privacy International, aber auch Tech-Firmen wie Microsoft. In der Schweiz warnen die Piratenpartei und Amnesty International Schweiz vor der Konvention.

Deswegen stimmt die Schweiz trotzdem zu: Die Schweizer UNO-Delegation ist der Meinung, dass die Menschenrechte genügend geschützt sind. Sie hat sich während den Verhandlungen für Klauseln eingesetzt, die es erlauben, das Gesuch eines anderen Staates abzulehnen, wenn Grundrechte wie Redefreiheit oder Religionsfreiheit verletzt werden ( dnip.ch ).

Das heisst, falls die Schweiz zum Beispiel ein Gesuch aus Russland bekommt, Daten über einen russlandkritischen Journalisten zu teilen, dann kann sie dieses Gesuch möglicherweise ablehnen. Auch dass die Konvention zu mehr Überwachung in der Schweiz führt, bezweifelt die Delegation.

Zensur trotz schützender Artikel

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Die Meinungen gehen weit auseinander darüber, ob die Grundrechte genügend geschützt werden können und ob die Konvention zu mehr Überwachung führt.

Evelyne Tauchnitz, die an der Uni Luzern zur digitalen Transformation und Menschenrechten forscht, sagt, schlussendlich sei der Schaden aber so oder so angerichtet.

Denn nur schon die Unsicherheit habe eine abschreckende Wirkung: «Die Grundrechte werden wahrscheinlich noch immer geschützt sein in der Schweiz, aber weil diese Unsicherheit besteht – 'Kann ich noch alles sagen und alles schreiben was ich möchte?' – wird eben vielleicht nicht mehr alles geschrieben.»

Dieser Effekt würde sogar greifen, falls die Schweiz das Abkommen nicht ratifiziert: «Vielleicht schreibt man etwas in der Schweiz, dann fährt man mal in den Urlaub... Und da hat man dann diese Unsicherheit».

Wie geht es weiter: Die Konvention wird im Verlaufe dieses Jahres von den einzelnen Staaten ratifiziert werden. Ob die Schweiz unterschreiben wird, stehe noch nicht fest, schreibt das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA auf Anfrage: Die zuständigen Behörden würden derzeit den Text prüfen und dem Bundesrat einen Vorschlag vorlegen.

Radio SRF 1, Rendez-vous, 8.1.2025 12:30

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