Maryam Banihashemi haben die aktuellen Proteste in ihrem Heimatland Iran elektrisiert. Sie ist derzeit auf vielen Kanälen aktiv: Instagram, Kundgebungen, Interviews. Seit die 39-Jährige dies tut, erhält sie auch immer wieder Hassnachrichten: «Einige drohten, mich umzubringen. Andere sagten, dass sie es auf meinen Vater abgesehen hätten, der im Iran lebt», sagt Maryam.
An den Kundgebungen in verschiedenen Schweizer Städten, die Maryam mitorganisiert hat, beobachte sie immer wieder Leute, die gezielt Fotos und Videos von den Protestierenden machten. Die Befürchtung: Dass die Bilder bei der iranischen Regierung landen.
Einer, der schon erlebt hat, was passieren kann, ist Baran. Baran ist Iran-Schweizer und heisst eigentlich anders. Er will anonym bleiben, weil er Angst vor Repressionen hat.
«Wenn man auf der Liste ist, wird man bei der Einreise in den Iran zur Seite genommen. Man wird entweder direkt mit einzelnen Aussagen konfrontiert oder mit öffentlichen Stellungnahmen», sagt Baran. Teilweise werde man aufgefordert, andere Namen zu nennen, oder darauf hingewiesen, dass man unter Beobachtung stehe. Und im schlimmsten Fall würden Leute auch festgenommen.
«Sie bedrohen unsere Familien in Iran»
Auch Sasan Amjadi kennt die Methoden der Einschüchterung. Sasan ist Kurde. Eine Minderheit, die in Iran besonders verfolgt wird. Obwohl er vor 13 Jahren in die Schweiz flüchtete, spürt er den langen Arm des iranischen Regimes noch immer.
Wenn Sasan etwa einen regierungskritischen Tweet absetzt, dann passieren zwei Dinge: Zuerst würden regierungsnahe Personen und Trolls auf den sozialen Medien den Inhalt diskreditieren und als unwahr abstempeln. Und zweitens würden Familienmitglieder, die noch im Iran leben, von Regierungsvertretern bedroht. «So wollen sie uns zum Schweigen bringen», sagt Sasan.
Irans Geheimdienste verstärken Präsenz
Nicht hinter allen Einschüchterungsversuchen dürfte direkt der iranische Geheimdienst stecken. Aber auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) geht von Spitzeltätigkeiten Irans in der Schweiz aus. Iranische Geheimdienste hätten hierzulande «als Ziel hauptsächlich die Kontrolle ihrer Diasporagemeinschaft und politischer Opponenten», schreibt der NDB in seinem Sicherheitsbericht 2020.
Auf Anfrage von SRF Investigativ schreibt der Nachrichtendienst, an dieser Einschätzung habe sich nichts geändert: «Der NDB verfügt jedoch über Erkenntnisse, die auf eine Intensivierung der nachrichtendienstlichen Aktivitäten Irans in der Schweiz hindeuten.» Auch von Iran unterstützte Cyberakteure hätten in den letzten Jahren ihre Cyberspionage-Aktivitäten erhöht.
Baran sagt, die Anschlagsversuche auf iranische Oppositionelle in Europa seien omnipräsent: «Man hat dann im Kopf: Ich könnte jederzeit entführt, auf das Botschaftsgelände in Bern gebracht werden und ich wäre auf iranischem Staatsterritorium. Und es könnte nichts mehr gemacht werden. Diese Angst hat Auswirkungen darauf, was man noch sagt und tut. So funktioniert Terrorherrschaft.»
Die iranische Botschaft hat sich auf Anfrage von SRF zu den Vorwürfen nicht geäussert.