Die Schweiz will sich an der Klimakonferenz in Madrid vor allem für klare Regeln für den Handel mit Kompensationszertifikaten einsetzen.
Denn bislang funktionieren die Mechanismen mehr schlecht als recht: Treibhausgas-Reduktionen wurden oft vom Land gezählt, das zahlte und von jenem, das ausführte – also doppelt. Zudem erreichten manche Projekte ihre Ziele gar nicht. Ausserdem gibt es zu viele Kompensationszertifikate, so dass deren Preis extrem tief ist.
Die Uneinigkeit ist gross
Das Pariser Klimaabkommen sieht deshalb neue Regeln vor. Noch aber haben sich die Diplomaten nicht darauf einigen können, wie sie genau aussehen sollen. Insbesondere Brasilien stellte sich an der letzten Klimakonferenz im polnischen Katowitze quer.
Er hoffe, dass eine Einigung gelingen werde, sagt der Leiter der Schweizer Delegation an den Klimaverhandlungen von Madrid, Franz Perrez. Doch: «Die Position von Brasilien ist immer noch sehr hart.» Andererseits sei der Druck sehr hoch, eine Lösung zustande zu bringen, so Perrez.
Schweiz will strenge Regeln
Die Schweiz werde einem Kompromiss aber nur dann zustimmen, wenn sich die Länder auf strenge Regeln für Auslandreduktionen einigten. Denn sollten bloss schwache Regeln vereinbart werden, könnte der Ausstoss an CO2 statt zu sinken sogar steigen – «weil man scheinbar Emissionen reduziert, die in Tat und Wahrheit gar nicht reduziert worden sind», so der Schweizer Delegationsleiter.
So könnte beispielsweise die Luftfahrt viel zu günstig davonkommen, befürchtet Perrez: Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation will den CO2-Ausstoss der zusätzlichen Flüge ab 2021 kompensieren – mit Zertifikaten aus dem internationalen Handel. Unter dem bisherigen Regime würde das bloss wenig kosten, aber auch nichts bringen. Denn der Mechanismus hält nicht, was er verspricht.
Schweiz will im Ausland kompensieren
Die Schweiz setzt sich aber auch deshalb für klare Emissionshandels-Regeln ein, weil sie bei ihrer eigenen Klimapolitik auf Treibhausgas-Reduktionen im Ausland setzt. Laut der aktuellen Vorlage des CO2-Gesetzes sollen bis zu 40 Prozent der Schweizer Reduktionen im Ausland geschehen.
Solche Reduktionen wären zwar auch möglich, wenn in Madrid keine Einigung erzielt würde, sagt Delegationaleiter Perrez. Die Schweiz müsste dann aber bilateral Verträge mit anderen Ländern abschliessen. «Das ist viel mühsamer, als wenn wir einfach einen multilateralen Mechanismus benutzen können.»
Das ist eine Mogelpackung.
Eine andere Frage ist, wie sinnvoll die CO2-Reduktion im Ausland überhaupt ist. Aus wissenschaftlicher Sicht helfe das dem Klima zwar kurzfristig, sagt der ETH-Klimaphysiker Reto Knutti. «Aber es ist eine Mogelpackung.»
Denn bis 2050 müsse auch die Schweiz Infrastruktur und Mobilität so umbauen, dass unter dem Strich keine Treibhausgase mehr ausgestossen werden. «Wir bezahlen also jetzt für die Kompensation, aber gleichzeitig müssen wir den Umbau bei uns auch noch bezahlen.»
Ein Erfolg der Konferenz ist wichtig
Sinnvoll oder nicht: Für den internationalen Klimaschutz ist es wichtig, dass in Madrid strenge Regeln für grenzüberschreitende Treibhausgas-Reduktionen verabschiedet werden. Je strenger diese Regeln ausfallen, desto grösser ist die Glaubwürdigkeit der internationalen Klimadiplomatie.