Die Zahl lässt aufhorchen: Über fünf Millionen Kinder starben im Jahr 2017, bevor sie fünf Jahre alt werden konnten. Doch 1997 ereilte fast doppelt so viele dieses Schicksal. Auch für Frauen gab es Fortschritte: 2018 starben etwa 300'000 Frauen während oder kurz nach der Geburt – zwar viel zu viele, aber immerhin 40 Prozent weniger als 20 Jahre davor.
Doch dieser positive Trend ist gestoppt, sagt Elizabeth Mason. Sie ist Mitglied des unabhängigen Expertengremiums, das den neuen Bericht zuhanden der UNO ausgearbeitet hat: Die Aufmerksamkeit der Regierungen für das Thema sei verschwunden – mit der Folge, dass die Welt nicht mehr auf Kurs sei, um die entsprechenden Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Die Sterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren zum Beispiel soll laut UNO-Zielen bis 2030 gegenüber heute fast halbiert werden. Mason warnt: In fragilen Staaten, in denen es Konflikte gibt oder die Flüchtlinge aufnehmen mussten, würden wieder mehr gebärende Frauen und Kleinkinder sterben.
Bis 2015 galten die Millennium-Entwicklungsziele der UNO, sie waren viel enger gefasst als die Nachhaltigkeitsziele bis 2030. Es gab acht Ziele mit wenigen Unterzielen. Heute sind es 17 Ziele mit 169 Unterzielen. Die für die Millennium-Entwicklungsziele eingesetzte Geldsumme wurde in der Folge auf die neuen, viel umfangreicheren Themenbereiche verteilt, sagt Mason. Neue Mittel – wie man gehofft hat – gab es keine.
Pandemie verschlimmert Situation
Die Coronakrise verschlimmere diese Situation, warnt der Bericht. In ärmeren Ländern wurden viele Kliniken geschlossen oder befassten sich nur mit Covid-19-Fällen. Mancherorts wiesen Spitäler gebärende Frauen ab, weil das Personal keine Schutzkleidung erhalten hatte und fürchtete, mit dem Coronavirus angesteckt zu werden.
Elizabeth Mason nennt Zahlen aus Simbabwe:
- Nur noch halb so viele Schwangere hätten Zugang zu vorgeburtlichen Untersuchungen.
- Die Zahl der Frauen, die in Kliniken gebären, habe sich um zwei Drittel reduziert.
- Weltweit könnte diese Situation über 20'000 gebärenden Frauen zusätzlich das Leben kosten, schätzen die Experten.
Bisher wurden wegen Covid-19 über 13 Millionen Kleinkinder nicht gegen Masern, Kinderlähmung und andere Krankheiten geimpft. Auch dies könnte viele Leben kosten. Nun brauche es umso grössere Anstrengungen, um die Lage für Frauen und Kinder zu verbessern, fordert das Expertengremium.
Mehr in Gesundheit investieren
Das Gremium empfiehlt eine Reihe von Massnahmen, zum Beispiel müssten die ärmeren Länder mehr Geld in die Gesundheit investieren. Sie hätten seit Jahren versprochen, dies zu tun. Allerdings müssten die reichen Länder ihnen in dieser schwierigen Lage helfen.
Investierten sie zusammen 200 Milliarden Franken zusätzlich, liessen sich 60 Millionen Leben retten, sagt Elizabeth Mason. Das klinge zwar nach sehr viel Geld, aber angesichts der Summen, die in der Coronakrise aufgeworfen würden, erschienen 200 Milliarden plötzlich als gar nicht mehr so viel.