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Unruhiges Afrika Zahl der Proteste und Unruhen in Afrika deutlich angestiegen

Die gewaltsamen Proteste in Kenia von letzter Woche sind keine Ausnahme in afrikanischen Ländern. Heute gehen auf dem Kontinent weit mehr Menschen auf die Strasse als noch vor einigen Jahren.

Nach den gewaltsamen Protesten gegen eine Steuerreform hat sich die Lage in Kenia teilweise beruhigt, zumindest vorläufig. Die Bilanz der Zusammenstösse zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften, die vergangene Woche mit dem Sturm aufs Parlament den vorläufigen Höhepunkt erreichten, wird indes noch lange nachhallen: mindestens 30 Personen wurden getötet, mehrere hundert verletzt.

Das Ausmass der Gewalt bei Protesten ist für Kenia ein Novum – dass protestiert wird jedoch nicht. Vielmehr hat die Zahl der Proteste im ostafrikanischen Land zuletzt Jahr für Jahr zugenommen. Dies zeigen Daten von Acled, einer US-amerikanischen NGO, die Daten zu Protesten und Konflikten zusammenträgt.

In Kenia zeigt sich damit ein Muster, das während den letzten Jahren in ganz Afrika erkennbar war: Die Menschen gehen viel öfter auf die Strasse. Und es kommt öfter zu Unruhen, meist in Form von gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Protestierenden und den Sicherheitskräften.

Besonders markant ist dieser Anstieg laut den Acled-Daten seit dem Jahr 2019. Selbst die Corona-Pandemie, die in vielen afrikanischen Ländern zu Lockdowns geführt hatte, hat die Protestwelle nicht gebrochen. Im Jahr 2020 stiegen die Protestzahlen gar nochmals an und verharren seither auf hohem Niveau.

In absoluten Zahlen ist es seit Anfang 2020 in Südafrika, Marokko und Nigeria zu den meisten Protesten und Unruhen gekommen.

Gemessen an der Bevölkerungsgrösse gehören indes auch Länder wie Uganda, Mauretanien und Malawi zu den Protest-Hotspots des Kontinents.

Die Gründe und die Auslöser für die Proteste unterscheiden sich von Land zu Land. Die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage ist indes vielerorts ein zentraler Faktor.

Es dürfte kein Zufall sein, dass der jüngste Anstieg von Protesten zeitlich einhergeht mit einer Verschlechterung der Wirtschaftslage in weiten Teilen Afrikas. Gerade für die jüngere Generation, die auch in Kenia die Taktgeberin der Proteste war, haben sich die Zukunftsperspektiven zuletzt noch einmal verdüstert.

Vielschichtige Ursachen der Proteste und Unruhen

Die sozialen Aufstiegschancen sind laut der Weltbank auf keinem Kontinent geringer als in Afrika. Zudem sind in vielen Ländern – auch aufgrund des Ukraine-Kriegs – die Lebensmittelpreise deutlich gestiegen. Der  «Economist» errechnete vor zwei Jahren , dass zwischen dem Preisanstieg beim Essen und Benzin und dem Auftreten von Protesten in den letzten 25 Jahren ein starker Zusammenhang bestand.

Erst möglich gemacht haben die Proteste indes zwei weitere Entwicklungen, die den Kontinent in den letzten Jahren stark geprägt haben. Einerseits besitzen in Afrika inzwischen zwei Drittel der Erwachsenen ein Mobiltelefon, in manchen Ländern sind es gar deutlich mehr. Das erschafft eine neue virtuelle Öffentlichkeit und macht eine rasche Mobilisierung von Protestierenden überhaupt erst möglich. Andererseits ziehen immer mehr Menschen dorthin, wo die Proteste stattfinden: in die Städte. Das reduziert nicht nur die geografische Distanz zu den Machthabenden, sondern auch den Weg zum nächsten Protest.

Bei vielen Menschen dürfte das auch künftig vermehrt dazu führen, dass sie ihren Frust über mangelnde Perspektiven, teure Lebensmittel und falsche Versprechen der Politik nicht mehr herunterschlucken, sondern auf der Strasse kundtun.

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Rendez-vous, 04.07.2024, 12:30 Uhr;kobt

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