Darum geht es: Zahlreiche Aktivisten in Myanmar sind offenbar zu Tode gefoltert worden. Im neuesten Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist die Rede von mindestens 73 Menschen, die in Polizeistationen, Verhörzentren und Gefängnissen gestorben sind. Diese Fälle seien belegt. Mindestens sechs von ihnen waren demnach Mitglieder der NLD, der Nationalen Liga für Demokratie. Das ist die Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die selbst in Haft ist.
Bei anderen Fällen handele es sich um Menschen, die nach dem Putsch im Februar 2021 zu Protesten aufgerufen haben oder einfach auf Facebook gepostet haben, dass sie diese Proteste unterstützen, erklärt Jennifer Johnston. Sie ist ARD-Korrespondentin für Südostasien.
Das ist der Hintergrund: Seit dem Putsch ist in Myanmar eine Militärjunta an der Macht. Diese geht systematisch und mit Gewalt gegen jegliche Gegenstimmen vor. «Sie verschonen wirklich niemanden», sagt Johnston. «Es gab sogar schon Fälle, wo dann das Militär mitten in der Nacht vor der Tür stand und dann denjenigen oder diejenigen nicht angetroffen hat, die gesucht wurde.» Stattdessen seien einfach deren Kinder und selbst Kleinkinder mitgenommen und verhaftet worden.
So ging Human Rights Watch vor: Die Studienautorin hat laut der ARD-Korrespondentin Videocalls und Telefongespräche mit Menschen im Land geführt. «Es hat sehr lange gedauert, bis Vertrauen aufgebaut werden konnte, denn die Menschen, obwohl der Tod ihrer Angehörigen teilweise schon mehrere Monate her ist, sich immer noch nicht trauen, mit jemandem darüber zu sprechen. Sie haben selbst Angst, dass die Militärjunta sie gefangen nimmt und sie auch im Gefängnis landen.» Ähnlich gehe es den Medien. «Wir kommen auch nicht direkt ins Land rein, da sind wir auch auf Zulieferungen angewiesen», so Johnston.
So steht es um die Opposition in Myanmar: «Sie lässt sich nicht unterkriegen und ist immer noch sehr aktiv», weiss die Journalistin. «Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass vieles von dem, was passiert, ihre Wut noch grösser werden lässt und der Widerstand noch stärker wird.» Letzte Woche sei sie an der thailändischen Grenze zu Myanmar gewesen und habe eine Studentin aus Yangon getroffen, einer Grossstadt in Myanmar. Diese habe kurz nach dem Putsch erst einmal friedlich protestiert. «Doch dann musste sie mit ansehen, wie drei ihrer Freundinnen vom Militär während der Proteste erschossen wurden.» Daraufhin habe sie entschieden: «Ich greife jetzt auch zu den Waffen.»
So reagiert die internationale Gemeinschaft: «Im Vergleich zum Krieg in der Ukraine mischt sie sich sehr wenig ein, weil es eher als ein interner Konflikt, und nicht als ein Bürgerkrieg gesehen wird», erklärt Johnston. Human Rights Watch fordert, dass die Vereinten Nationen mehr tun – dass sie zum Beispiel ein Waffenembargo verhängen, damit keine neuen Waffen nach Myanmar gelangen. Viele davon kämen zum Beispiel aus Russland, weiss die Journalistin. Und sie Menschenrechtsorganisation wünsche sich mehr koordinierte, internationale Massnahmen. «Etwa, dass die Junta von weiteren Geldflüssen abgeschnitten wird.» So würde sie geschwächt und die Oppositionsbewegung könne stärker werden.