Die Ankündigung hat nicht nur, aber auch in der Region für heftige Reaktionen gesorgt: Iran will Uran neu auf 20 Prozent anreichern. Erlaubt wären laut dem Atomabkommen aber nur rund 4 Prozent. Ziel von Teheran sei es, Druck aufzubauen, damit Washington seine Sanktionen zurücknimmt, sagt Inga Rogg, Nahostkorrespondentin der NZZ. Iran beteuere, der Schritt sei wieder rückgängig zu machen.
SRF News: Der Iran will seine Uran-Anreicherung erhöhen – ist das mehr als nur eine Drohgebärde?
Inga Rogg: Es ist auf jeden Fall eine Provokation. Iran verstösst mit diesem Schritt gleich in zwei Punkten gegen das Atomabkommen: Es nimmt die Uran-Anreicherung in Fordo vor, gemäss dem Abkommen darf es diese Anlage aber gar nicht in Betrieb nehmen. Dazu kommt die Uran-Anreicherung bis auf einen Reinheitsgrad von 20 Prozent. Das brächte Iran dem Schritt wesentlich näher, waffenfähiges Material für eine Atombombe zu produzieren. Iran sagt zwar, es wolle keine Atombombe, aber es ist doch ein Schritt in diese Richtung, der in der Region entsprechend auf verstärktes Misstrauen gegenüber Iran stösst.
Wie ist die Haltung gegenüber der Uran-Anreicherung innerhalb des Landes?
Staatspräsident Hassan Rohani hat sich gegen diesen Schritt gewehrt und versucht, ihn abzuwenden. Aber er ist damit gescheitert. Die Hardliner, die im Parlament seit letztes Jahr das Sagen haben, haben sich durchgesetzt.
Das Atomabkommen von 2015 beschränkte Irans Möglichkeit, Uran anzureichern. 2018 hat US-Präsident Trump das Abkommen einseitig aufgekündigt. Seither steigert der Iran seine Uran-Anreicherung stetig. Was ist die offizielle Begründung für dieses Vorgehen?
Teheran begründet den Schritt damit, dass es das Recht dazu hat, gegen das Abkommen zu verstossen, weil Washington einseitig aus dem Abkommen ausgeschert ist. Und man muss schon sehen: Iran hat erstmal zugewartet. Die Verletzung der Auflagen begann erst im vergangenen Jahr.
Es gibt überhaupt nichts mehr, das seitens der Amerikaner nicht mit Sanktionen belegt ist.
Dann hat aber Trump weiterhin Sanktionen verabreicht, eine ganze Reihe auch noch im Dezember. Es gibt überhaupt nichts mehr, das seitens der Amerikaner nicht mit Sanktionen belegt ist. Darauf hat Teheran reagiert und seine Verpflichtungen aus dem Abkommen schrittweise zurückgenommen. Iran beteuert aber auch jetzt im konkreten Fall, all diese Schritte seien wieder rückgängig zu machen.
Der neu gewählte US-Präsident Joe Biden hat bereits angekündigt, er wolle das Abkommen neu verhandeln. Die Zeichen standen also auf Versöhnung. Warum wählt Iran diesen Schritt ausgerechnet jetzt, so kurz vor Bidens Amtsantritt?
Es hat in den letzten Monaten eine schrittweise Eskalation in dem Konflikt gegeben. Das hat mit der Tötung des einflussreichen iranischen Generals Soleimani begonnen, dann gab es zahlreiche Sabotageakte. Ende November wurde der führende Atomphysiker des Landes, Mohsen Fachrisadeh, getötet. Nach dieser Tötung haben die Hardliner im Parlament ein Gesetz durchgeboxt, das die Regierung dazu verpflichtet, eine 20-prozentige Uran-Anreicherung vorzunehmen, wenn es keine Sanktionserleichterungen seitens der USA gibt.
Man will zwar mit Biden ins Gespräch kommen, aber Iran erhöht damit auch den Druck auf die Verhandlung.
Dem Staatspräsidenten Rohani waren am Ende die Hände gebunden, das zu verhindern. Man will zwar mit Biden ins Gespräch kommen, aber Iran erhöht damit auch den Druck auf die Verhandlung. Iran will ganz schnell Sanktionserleichterungen und zeigt sich nicht bereit, zu verhandeln. Aus ihrer Sicht müssen die Amerikaner zum Atomabkommen von 2015 zurückkehren.
Das Gespräch führte Claudia Weber.