War Corona ein Laborunfall? Die These, dass am Ursprung der Corona-Pandemie ein Laborunfall gestanden haben soll, ist nicht neu. Sie erhält nun aber wieder Auftrieb: Das US-Energieministerium hält einen Laborunfall für wahrscheinlich – und rückt damit von seiner früheren Einschätzung ab. Das berichtet das «Wall Street Journal». Damit schliesst sich das Energieministerium der Einschätzung der Bundespolizei FBI an, wonach sich das Virus wahrscheinlich durch eine Panne in einem Labor in Wuhan verbreitet hat.
Gibt es belastbare Beweise? Das US-Ministerium vermute nur mit einem «niedrigen Grad der Gewissheit» einen Laborunfall, schreibt das «Wall Street Journal». Die Schlussfolgerung des Energieministeriums beruht dem Bericht zufolge auf neuen Erkenntnissen. Die Zeitung selbst stützt sich auf nicht namentlich genannte Quellen. Volker Thiel, Virologe an der Universität Bern, kennt keine neuen Daten, die die Laborthese belegen würden: «Welche Beweise oder Hinweise hinter der neuen Einschätzung stehen, ist unbekannt.» Aufgrund der fehlenden Informationen lasse sich die Stichhaltigkeit der These derzeit schlicht nicht beurteilen.
Gibt es eine offizielle Position der USA? Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte am Sonntag, dass er den Bericht weder bestätigen noch zurückweisen könne. «Im Moment gibt es noch keine endgültige Antwort der Geheimdienste auf diese Frage», betonte Sullivan mit Blick auf den Ursprung des Virus. «Einige Teile der Geheimdienste sind zu Schlussfolgerungen auf der einen Seite gekommen, andere haben gesagt, dass sie einfach nicht genug Informationen haben, um sicher zu sein.»
Was spricht gegen einen Ursprung im Labor? Lange galt der Verdacht, dass Sars-CoV-2 einem Laborunfall entsprungen sein soll, als Verschwörungstheorie. Mit dem amerikanischen Energieministerium und dem FBI stützen nun jedoch gewichtige Institutionen die These. Für Virologe Thiel muss man in der Debatte aber zwischen Fakten und Spekulationen unterscheiden. «Die Fakten beziehen sich im Wesentlichen auf die ersten Fälle, die räumlich alle um einen Tiermarkt im chinesischen Wuhan nachgewiesen wurden.»
Dagegen würden für Spekulationen, dass das Virus einem Labor entwichen sein soll, derzeit die Fakten fehlen. Thiel kommt zum Schluss, «dass die Fakten mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Zoonose sprechen, also eine natürliche Übertragung vom Tier auf den Menschen.» Ein Laborunfall sei sehr unwahrscheinlich.
Was weiss man über das Labor in Wuhan? Als Ursprung des Virus wird ein Labor in Wuhan verdächtigt, das ausgerechnet auf die Erforschung von Coronaviren spezialisiert ist. Kann das reiner Zufall sein? Ja, findet der Virologe. Das Labor habe sich über mehrere Jahre auf die Frage spezialisiert, welche Coronaviren in Tieren zirkulieren.
«Letztlich haben wir das ganze Wissen, dass wir über diese Sars-ähnlichen Viren haben, dem Labor zu verdanken», sagt Thiel. Dazu gehöre auch das Wissen darüber, dass es in der Region Viren bei Fledermäusen gibt, die Menschen infizieren können. «Die Forschenden präsentieren ihre Daten auf internationalen Tagungen und in hochrangigen wissenschaftlichen Journalen. Sie sind in der wissenschaftlichen Gemeinde sehr gut anerkannt.»