Erstmals hat heute der UNO-Gerichtshof ein Urteil in der Katar-Krise gefällt. Ihren Anfang nahm sie im Frühsommer 2017, als vier arabische Länder Katar bestraften, weil es Terroristen unterstützt und gute Beziehungen zu Iran gepflegt haben soll. Ausserdem stört die Saudis der katarische Sender Al Jazeera.
Wirtschaftsboykotte, Luftraumsperren und Grenzabriegelungen sollten deshalb das winzige, aber sehr reiche Katar in die Knie zwingen. Was bisher nicht gelang.
Milch aus Deutschland
Das Emirat hat sich arrangiert und neue Versorgungswege erschlossen: Die Qatar Airways fliegen Umwege, die Milch kommt nun von deutschen Kühen, Salat aus Holland und Obst und Gemüse aus Iran.
Familien sind auseinandergerissen worden.
Ausgerechnet zum saudischen Erzfeind Iran wurden Katars Beziehungen aufgrund des Boykotts also noch intensiver. Ein Eigentor der Saudis. Die Katarer zahlen zwar einen Preis für den Konflikt. Doch den können sie sich vorläufig leisten. Ausserdem stärken die Angriffe der Nachbarn das Zusammengehörigkeitsgefühl im Land.
Verstösse gegen das Diskriminierungsverbot
Nachdem eine politische Entspannung nicht in Sicht ist, wandte sich Katar nun an den UNO-Gerichtshof, und zwar wegen Verstössen durch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gegen das Diskriminierungsverbot.
Mein Land wurde fälschlicherweise beschuldigt, katarische Bürger auszuweisen.
Vor Gericht sagte der katarische Anwalt Mohammed Abdulaziz al-Khulaifi: «Familien sind wegen Landesverweisen auseinandergerissen worden, Katarer haben ihren Arbeitsplatz und ihr Haus verloren, medizinische Versorgung wird ihnen verwehrt.»
Vorsorgliche Massnahmen gegen die VAE
«Alles falsch», erwiderte Said Ali al-Nowais, der Fürsprecher der VAE. «Mein Land wurde fälschlicherweise beschuldigt, katarische Bürger auszuweisen.»
Das oberste UNO-Gericht hat sich jetzt auf die Seite Katars gestellt. Es sei zuständig für dessen Klage, sagte der somalische Gerichtspräsident Abdulqawi Ahmed Yusuf in der Urteilsbegründung. Ausserdem verhängte er vorsorgliche Massnahmen gegen die VAE.
Schlappe für die VAE
Die Probleme seien akut. Um irreparablen Schaden abzuwenden, könne man nicht zuwarten, bis ein abschliessendes Urteil vorliege. «Die VAE dürfen Familien nicht länger trennen», sagte der Gerichtspräsident. Ausserdem sollen Studenten ihre Ausbildung abschliessen und Katarer vor emiratischen Gerichten klagen dürfen.
Für die VAE ist das eine Schlappe. Und indirekt auch für Saudi-Arabien, Bahrain und Ägypten. Gegen sie konnte jedoch nicht geklagt werden, weil sie das Diskriminierungsverbot gar nie unterzeichnet haben.
UNO entscheidet über Luftraumsperren
Für Katar ist es bereits der zweite Sieg in kurzer Zeit vor einer UNO-Instanz. Eben erst erklärte sich nämlich die UNO-Zivilluftfahrtbehörde Icao dafür zuständig, im Fall der Luftraumsperren für Flüge von und nach der katarischen Hauptstadt Doha zu entscheiden.
Katars Gegner wehren sich heftig dagegen. Sie klagen jetzt ihrerseits vor dem UNO-Gericht in Den Haag und verlangen, dass sich die Icao nicht in die politisch begründeten Luftraumsperrungen einmischen darf.
Das Engagement der US-Amerikaner
Eine Katar-Krise wird also zurzeit in der UNO ausgetragen. Eine politische Lösung hatte zunächst als rasch machbar gegolten, vor allem weil Washington ein grosses Interesse an einem Schulterschluss aller Golfstaaten gegen Iran hat. Das bekräftigt US-Aussenminister Mike Pompeo: «Eine Einheit am Golf ist nötig. Wir müssen sie erreichen.»
Doch wirklich engagieren für eine Versöhnung wollen sich die Amerikaner nicht mehr. Ihre Nahostpolitik beschränkt sich inzwischen weitgehend auf die Unterstützung Israels und Saudi-Arabiens. Mehr ist da nicht. Also liegt der Ball nun bei der UNO. Zwischenstand: zwei zu null für Katar.