Um 9:57 Uhr Ortszeit klapperten die Zähne im kälteplagten Washington nicht mehr nur. Sie knirschten auch: Der abtretende US-Präsident Joe Biden empfing seinen Nachfolger Donald Trump vor dem Weissen Haus. Handschlag, gezwungenes Lächeln und dann verschwanden der 46. und der 47. Präsident zur (mehr oder weniger) feierlichen Stabsübergabe im Oval Office.
Es war der «Awkward-Moment» einer Vereidigung, an der die Fieberkurve weniger hochging als noch vor acht Jahren. Damals zog Trump zum ersten Mal ins Weisse Haus ein. Die grimmige Entschlossenheit, mit der er «America First» in Politik giessen will, ist aber geblieben.
Wir werden Zeuge der erdrückenden Macht, mit der Trump und Entourage ins Weisse Haus einziehen.
Am 20. Januar 2017 stand Trump auf den Stufen des Kapitols. In einer düsteren Rede kündigte er an, das «amerikanische Blutbad» zu beenden und den «Sumpf in Washington» auszutrocknen. Das Versprechen damals: «America first!».
Nun zog Trump als Triumphator nach Washington, hofiert von der wirtschaftlichen und politischen Elite des Landes. «Wir werden Zeuge der erdrückenden Macht, mit der Trump und Entourage ins Weisse Haus einziehen», berichtete SRF-Korrespondent Pascal Weber.
Seinen Amtseid legte Trump in der Kuppelhalle des Kapitols ab, der Ahnengalerie der amerikanischen Demokratie – das Gebot der Kälte. Flankiert von den Statuen von George Washington, Abraham Lincoln und Martin Luther King kündigte er an: «Das goldene Zeitalter Amerikas beginnt jetzt.»
Wer dachte, dass Trump 2.0 den Versöhner geben würde, sah sich getäuscht: In seiner Rede klagte er die Justiz an, ihn über Jahre hinweg politisch verfolgt zu haben. Seine Wahl sei ein Mandat, diesen «furchtbaren Verrat» zu sühnen. Dann brach Trump den Stab über der Biden-Administration, die mitverantwortlich für den «Niedergang Amerikas» sei.
Anschliessend lieferte der neue US-Präsident eine Tour d’Horizon, wie er Amerika wieder zu alter Grösse verhelfen will: «Unsere Souveränität und Sicherheit werden wieder hergestellt, die Menschen werden ihren Reichtum und ihre Freiheit zurückbekommen.»
Weg mit «woke», auf zum Mars
Trump kündigte in seiner Rede «die millionenfache Abschiebung krimineller Einwanderer» an, an der Grenze zu Mexiko soll der nationale Notstand ausgerufen werden. Das US-Territorium will Trump ausweiten – so etwa durch die Rückholung des Panamakanals. Der Klimaschutz soll der massiven Förderung von Öl und Gas weichen, anderen Ländern will die neue US-Regierung massive Zölle auferlegen.
«Wir stehen am Anfang einer neuen Ära von nationalen Erfolgen. Eine Welle des Aufbruchs wird das Land erfassen», sagte Trump. Gesellschaftspolitisch schwor Trump Amerika auf einen anti-woken Kurs ein: Staatliche Diversitätsprogramme sollen abgeschafft werden und die Regierung künftig nur zwei Geschlechter anerkennen: Mann und Frau.
Offenkundig sieht sich Trump in seiner zweiten Amtszeit auf einer Mission. So nahm er auf das gescheiterte Attentat während seines Wahlkampfs Bezug: Gott habe sein Leben gerettet und er werde als Friedensstifter in die Geschichte eingehen, sagte Trump.
Schliesslich verkündete der Republikaner in seiner Antrittsrede, der es nicht an Ambition mangelte, dass die USA zum Mars aufbrechen – angeführt von Elon Musk. Der Tech-Milliardär wird in Trumps Administration auch irdischere Pläne verfolgen: Er soll den Staat einer radikalen Verschlankungskur unterziehen.