Bislang hat Amtsinhaber Joe Biden sein Alter mit Humor wegzuwischen versucht. Doch als vergangenes Wochenende der weitgehend unbekannte Abgeordnete Dean Philips seine Gegenkandidatur als demokratischer Präsidentschaftsbewerber bekannt gab, sprach er aus, was selbst innerhalb der Partei viele denken: «Es ist Zeit, die Fackel an eine neue Generation weiterzugeben.»
Philips weiss, dass er gegen den wieder antretenden Amtsinhaber, der in zwei Wochen 81 Jahre alt wird, keine Chance hat. Aber seine Bewerbung ist der Fingerzeig, der Bidens grösste Schwäche deutlich offenlegt.
Vorweisbare Erfolge
Eigentlich kann der demokratische Präsident durchaus auf politische Erfolge verweisen. Der amerikanischen Wirtschaft geht es zwar nicht blendend, aber auch nicht so schlecht, wie viele sie immer reden wollen. Während Bidens Amtszeit wurden viele neue Jobs geschaffen, die Arbeitslosigkeit ist tief, Biden brachte mehrere grosse Vorlagen durch einen tief zerstrittenen Kongress.
Aussenpolitisch hat der erfahrene Transatlantiker Biden mit ruhiger Hand dafür gesorgt, dass die westliche Welt der Ukraine unerwartet geschlossen beigestanden ist (und nach wie vor beisteht). Und im Nahostkonflikt versucht sich die Biden-Administration gerade in dem Spagat, Israel den unverbrüchlichen Beistand der USA zu demonstrieren, und gleichzeitig die arabischen Verbündeten bei der Stange zu halten. Dass das unkontrollierte Überspringen des Krieges auf weitere Teile des Nahen Ostens bislang verhindert werden konnte, liegt nicht zuletzt an den Anstrengungen Washingtons.
«Jugendlicher Hunger nach mehr»
Aber all das findet zuhause in den Vereinigten Staaten kaum Resonanz. Natürlich sind Umfragen ein Jahr vor den Wahlen wenig aussagekräftig. Der Fokus liegt, so weit von den Wahlen entfernt, ganz woanders. Und trotzdem sagt die langjährige demokratische Politstrategin Nina Smith: «Wir Demokraten haben ein Problem!».
Auch Smith, die beim letzten Wahlkampf für den heutigen Verkehrsminister Pete Buttigieg gearbeitet hat, führt zunächst einmal Bidens Verdienste an. Dann aber sagt sie: «Es gibt einen jugendlichen Hunger nach mehr. Und solange die Administration das nicht anerkennt und einen echten Dialog mit den Jungen führt, wird das ein Problem bleiben.»
Die «Gen Z» ist enttäuscht
Aidan Kohn-Murphy gründete vor 3 Jahren «GenZ for Change» und startete den Social-Media-Kanal «Tiktok for Biden». Er ist durch und durch Anhänger der Demokraten. Aber auch er sagt: «Wir stehen an einem ganz anderen Punkt als vor einem Jahr, als die Zustimmung zum Präsidenten bei den Jungen viel höher war. Seitdem sank sie kontinuierlich, zuletzt sogar rapide.»
Vor allem Bidens Umweltpolitik, der fortgesetzte Mauerbau zu Mexiko und seine Haltung zu Israel/Gaza stossen vielen Jungen sauer auf: «Zu Beginn sahen ihn viele Junge als einen zwar älteren Mann, der aber für unsere Interessen gearbeitet hat.» Doch das, sagt Kohn Murphy, sei immer weniger der Fall: «Bidens jüngste Politik lässt ihn vielen Jungen mehr wie ein Grossvater erscheinen, dem man die heutige Welt nicht mehr wirklich erklären kann.»
Für die «Generation Z», also die Generation der heute unter 25-Jährigen, ist das Problem weniger Bidens Alter als vielmehr das Alter mancher seiner Ideen.