Präsident Joe Biden ist eine «lame duck» – eine «lahme Ente»: Er ist zwar noch im Amt, aber sein Einfluss schwindet. Alle Augen sind auf den Nachfolger Donald Trump gerichtet, der am 20. Januar das Amt übernehmen wird.
Aber: Joe Biden muss sich nun weniger um politische Konsequenzen sorgen. Letzte präsidiale Dekrete könnte Donald Trump zwar rückgängig machen. Und doch kann Biden versuchen, sein Vermächtnis vor der Trump-Präsidentschaft zu schützen, etwa in diesen fünf Bereichen.
Ernennung von Richterinnen und Richtern
Die Bundesgerichte bieten Präsidenten die Möglichkeit, das Land über ihre Amtszeit hinaus zu prägen. Sie umfassen hunderte von Richterposten – und Richterinnen und Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Die Demokraten werden versuchen, so viele Vakanzen wie möglich noch zu besetzen. Im Senat, wo Nominierte bestätigt werden müssen, haben sie noch eine Mehrheit. Das ist auch bedeutend, weil Trumps Gegner versuchen werden, über die Bundesgerichte Widerstand zu leisten.
Begnadigungen
Die präsidiale Macht, jene zu begnadigen, die in Bundesgefängnissen sitzen, ist sehr weitreichend. Manche fordern Joe Biden etwa auf, das Strafmass der derzeit 40 zum Tode Verurteilten herabzusetzen. Biden würde ihnen damit vielleicht das Leben retten: Unter Trump werden wohl wieder Hinrichtungen vollstreckt. In seiner ersten Amtszeit wurden innerhalb eines halben Jahres 13 Verurteilte hingerichtet.
Ukraine
Die US-Regierung hat es den Ukrainern erlaubt, mit US-Raketen auf Ziele auf russischem Territorium zu schiessen. Dass nun anscheinend auf russischer Seite, in der Region Kursk, auch nordkoreanische Truppen im Einsatz sind, scheint dabei eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Auch erlaubt die USA der Ukraine den Einsatz von US-Landminen.
Jeder Dollar an Ukrainehilfe, der noch nicht verwendet ist, werde der Ukraine noch zur Verfügung gestellt, hiess es von Aussenminister Antony Blinken. Damit scheint die Biden-Regierung nicht nur die ukrainische Verteidigung stärken zu wollen. Es geht auch darum, Kiew eine möglichst vorteilhafte Verhandlungsposition zu verschaffen. Der Wind könnte nämlich bald drehen: Falls Donald Trump Wort hält, wird er rasch ein Ende des Kriegs aushandeln wollen.
Klimaschutz
Demonstrativ sprach Biden kürzlich, im Rahmen des G20-Gipfels, im Amazonas: In den USA nehme eine Revolution der erneuerbaren Energien ihren Lauf, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Tatsächlich haben die Demokraten ein massives Klimapaket geschnürt.
Unter Hochdruck versucht die Regierung nun noch, soviel Geld wie möglich in erneuerbare Energieprojekte zu investieren, damit möglichst wenig ungebrauchtes Geld vorhanden ist, wenn Trump übernimmt. Sehr viel davon ist in republikanische Wahldistrikte geflossen. Es wird sich zeigen, ob die Republikaner wirklich Ernst machen und all das rückgängig machen.
Naher Osten
Joe Biden will wohl auch einen Waffenstillstand im Nahen Osten zu seinem Vermächtnis zählen können. Es wird sich zeigen, ob ein solcher zwischen der Hisbollah und Israel tatsächlich «in Reichweite» ist, wie das der zuständige Gesandte der USA behauptet.
Denkbar ist auch, dass Biden mit Blick auf die humanitäre Lage im Gazastreifen amerikanische Waffenlieferungen an Israel stoppt. Man darf jedoch daran zweifeln, wenn man bedenkt, dass Biden bisher nur ein einziges Mal Waffen zurückhielt.