Rund zwei Monate vor der US-Wahl haben sich die beiden US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump bei ihrem ersten TV-Duell einen hitzigen Schlagabtausch geliefert. In Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania warfen sie einander vor, das Land heruntergewirtschaftet zu haben, keinen Plan für die drängenden Probleme zu haben und Lügen zu verbreiten. Ein prüfender Blick auf die Aussagen:
Trumps Behauptung: Trump hätte während seiner Amtszeit «praktisch keine Inflation» gehabt. Präsident Biden und Kamala Harris hätten die höchste Inflation in der Geschichte der USA.
Das ist falsch. Seit Gründung der Vereinigten Staaten im Jahr 1776 wurde die höchste jährliche Inflationsrate im Jahr 1778 mit 29.78 Prozent verzeichnet. Die Inflation war zu seiner Amtszeit niedriger als heute, aber sie existierte: Etwa kumulierte 8 Prozent für seine Präsidentschaft (gegenüber 19 Prozent unter Präsident Biden bisher) und 1.4 Prozent im Jahresvergleich im letzten Monat seiner Amtszeit gegenüber aktuellen 2.9 Prozent (Stand: Juli 2024).
Trumps Behauptung: Die Politik der Demokraten erlaube es, das Leben eines Babys im neunten Monat zu nehmen.
Das ist falsch. Eine vorsätzliche Tötung eines Neugeborenen ist strafrechtlich als Kindstötung eingestuft und in den gesamten USA illegal. Harris' Vize-Kandidat, Tim Walz, befürwortet die Beibehaltung der aktuellen Gesetzgebung, die Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt, normalerweise bis etwa zur 24. Schwangerschaftswoche. Danach sind Abtreibungen nur noch in Fällen erlaubt, in denen das Leben oder die Gesundheit der Mutter in Gefahr ist.
Harris' Behauptung: Trump hätte behauptet, dass der Klimawandel erfunden sei.
Das ist richtig. Donald Trump ist seit seiner Kandidatur kein Verfechter des Klimawandels und hat die Existenz eines von Menschen verursachten Klimawandels regelmässig angezweifelt. 2012 behauptete er, das Konzept der globalen Erwärmung sei von den Chinesen erfunden worden, um der Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Industrie zu schaden.
Trumps Behauptung: «Ich hatte mehr Stimmen als jeder Republikaner in der Geschichte. Sogar bei weitem als jeder Präsident.»
Das ist falsch. Der Begriff «Popular Vote» steht für ein Wahlverfahren, bei dem die Wähler den Kandidaten direkt wählen. Obwohl Trump die Präsidentenwahl 2016 gegen Hilary Clinton gewann, lag seine demokratische Rivalin landesweit mit mehr als 2.8 Millionen dieser Wählerstimmen vor Trump. Letztlich gewann er mit den ausschlaggebenden Stimmen der Wahlleute des Electoral College.
Harris' Behauptung: Trump habe die schlimmste Arbeitslosigkeit seit der «Grossen Depression» hinterlassen.
Kontext fehlt. Die sogenannte «Grosse Depression» hatte von 1929 bis 1933 in fast allen Industrieländern der Welt zu Massenarbeitslosigkeit, sinkenden Preisen und Löhnen sowie Bankenkrisen geführt. Im April 2020, als Trump damals noch im Amt war, erreichte die Arbeitslosenquote einen Höchststand von 14.8 Prozent – nach Angaben des «Bureau of Labor Statistics» war dies tatsächlich der höchste Stand seit der Grossen Depression. Als Trump im Januar 2021 aus dem Amt schied, ging die Arbeitslosigkeit jedoch auf 6.4 Prozent zurück. Diese Arbeitslosenquote von 6.4 Prozent ist entgegen Harris' Behauptung noch immer besser als der Höchststand von 10 Prozent während der «Grossen Rezession» im Oktober 2009.