Ron DeSantis ist die Zukunft der republikanischen Partei. Zu diesem Schluss konnte man jedenfalls vor einem halben Jahr kommen: Mit einem überragenden Sieg wurde der 44-Jährige in Florida als Gouverneur wiedergewählt. Ein Triumph in einem Bundesstaat, der viele Jahre als besonders umkämpft galt zwischen Demokraten und Republikanern – und ein Lichtblick an einem Wahltag, der für die Republikaner insgesamt zur Enttäuschung wurde.
Besonders Kandidatinnen und Kandidaten, die von Donald Trump unterstützt wurden, schifften ab. Mit Trump, so schien es, können die Republikaner nicht mehr gewinnen. Der ehemalige Präsident wirkte geschwächt.
DeSantis schien die offensichtliche und viel jüngere Alternative: ein «Trump ohne Drama», also ohne Skandale und Gerichtsverfahren, ein Gouverneur, der sich darauf versteht, nationales Aufsehen zu erregen. Es galt nur noch als eine Frage der Zeit, bis sich DeSantis, der 2018 notabene mit Trumps Unterstützung Gouverneur geworden war, aus der Deckung wagen und seine Präsidentschaftskandidatur verkünden würde.
Unglücklicher Start in den Wahlkampf
Doch ein halbes Jahr ist in der US-Politik eine lange Zeit. Heute wissen wir: Die republikanische Basis scheint Donald Trump die Treue zu halten. In Umfragen führt er das Feld der republikanischen Präsidentschaftsanwärterinnen und -anwärter deutlich an.
DeSantis bleibt Trumps gefährlichster Gegner – doch manche erklären, seine Kandidatur sei gescheitert, bevor sie begonnen hat. Dass sich die gehypte Ankündigung wegen technischer Probleme verzögerte, ergab den Eindruck eines amateurhaften Wahlkampfauftakts.
Kritiker sagen auch, DeSantis verstehe sich nicht auf «retail politics», also auf den direkten Kontakt mit Wählerinnen und Wählern. Er könne nicht mithalten mit dem Trumps Charisma. DeSantis wird sich auf heftige Angriffe von Trump gefasst machen müssen. Es ist offen, wie sich DeSantis im republikanischen Vorwahlkampf gegen Trump schlagen wird, dem im politischen Nahkampf kaum jemand gewachsen ist.
DeSantis' Kreuzzug gegen den «Wokeism»
Wenigstens vermuten lässt sich, auf welche Themen DeSantis setzen wird: Während der Covid-Pandemie habe er sich gegen den «biomedizinischen Sicherheitsstaat» mit seinen Lockdowns und Impfausweisen widersetzt, schreibt DeSantis in einem neuen Buch. Florida sei in der Pandemie zur Bastion der Freiheit und Vernunft geworden und zur Blaupause für das ganze Land.
DeSantis verschrieb sich zudem ganz dem Kulturkampf, der in den USA ausgetragen wird: An den Schulen in Florida verbot er teilweise den Unterricht über sexuelle Orientierung, per Gesetz hat er eingeschränkt, welche Bücher in Schulbibliotheken stehen dürfen. DeSantis führt eine Art Kreuzzug gegen den «Wokeism», die linke Indoktrination, die er vielerorts zu erkennen meint. Als der Disney-Konzern eines dieser Gesetze kritisierte, brach DeSantis einen Streit mit einem der grössten Arbeitgeber in Florida vom Zaun.
Das mag die republikanische Basis begeistern. Es ist aber fraglich, ob sich damit eine Präsidentenwahl gewinnen lässt. Glaubt man den Umfragen, so liegt DeSantis weit hinter Donald Trump zurück. Doch sein Wahlkampf steht noch ganz am Anfang. Die ersten Vorwahlen stehen erst in deutlich mehr als einem halben Jahr an. Und das ist in der US-Politik eine lange Zeit.