Bislang hatte es so ausgesehen, als ob Ron DeSantis dem Ex-Präsidenten Donald Trump im Rennen um die Kandidatur für das US-Präsidentenamt auf republikanischer Seite richtig gefährlich werden könnte. Doch neuste Umfragen zeigen, dass Trump klarer Favorit im republikanischen Lager ist. Die Gründe dafür weiss die USA-Kennerin und Politologin Sarah Wagner.
SRF News: Weshalb scheint Ron DeSantis gegenüber Donald Trump neuerdings an Boden zu verlieren?
Sarah Wagner: Einerseits ist DeSantis’ klarer Wahlsieg in Florida aus dem letzten Jahr etwas verblasst. Einige Grossspender stellen sich ausserdem die Frage, ob DeSantis für die Präsidentenwahl nicht etwas zu extrem ist. Gründe hierfür sind etwa sein rigoroses Vorgehen gegen Disney oder die Schlagzeilen um Bücherverbote in Florida.
DeSantis wird von vielen als unsympathisch, arrogant und mit wenig Charisma wahrgenommen.
Hinzu kommt, dass Trump inzwischen gegen DeSantis in die Offensive gegangen ist und ihn teilweise regelrecht vorführt. Und nicht zuletzt wird DeSantis – auch von vielen Republikanerinnen und Republikanern – als unsympathisch, arrogant und mit wenig Charisma wahrgenommen. Das ist keine gute Voraussetzung für eine Präsidentenwahl.
Wie reagiert DeSantis darauf, dass er gegenüber Trump in den Umfragen zurückfällt?
Er hat noch keine wirksame Strategie gefunden. Einerseits will er es sich nicht mit den Wählern Trumps verderben, DeSantis kann Trump also nicht allzu direkt angreifen. Zudem will er sich ja in der Art und Weise des Auftretens von Trump unterscheiden.
Bei der Frage der Dominanz ist Trump klar im Vorteil.
Dabei ist auch DeSantis inhaltlich ein Hardliner, der eine strikt konservative Politik verfolgt. Bei den Vorwahlen der Republikaner geht es allerdings meist weniger um Inhalte, sondern um Dominanz und darum, wer sich am besten durchsetzen kann. Da ist Trump klar im Vorteil, DeSantis wirkt oft eher bemüht.
Ist DeSantis noch konservativer als Trump?
DeSantis ist nicht nur konservativ, seine Politik ist antidemokratisch. Seine politischen Inhalte bestehen vor allem aus Angriffen gegen schwache politische Gruppen, gegen die Bildung oder die Meinungsfreiheit. Er fokussiert ganz auf den Kulturkampf und sieht Florida als eine Art Vorlage für die USA.
Die Politik von DeSantis zielt in eine sehr autokratische Richtung und ist von einem christlichen Nationalismus gefüttert.
Wenn man die unter DeSantis verabschiedeten Gesetze anschaut, ist das sehr beunruhigend und erinnert stark an Ungarn unter Viktor Orban: Sie zielen in eine sehr autokratische Richtung und sind von einem christlichen Nationalismus gefüttert. DeSantis ist definitiv gefährlich für die Demokratie in den USA, weil er seine politischen Vorhaben viel ambitionierter, gezielter und effektiver umsetzt, als es Trump getan hat.
Sind die rückläufigen Umfrageergebnisse auch Folge von DeSantis’ extremer Politik in Florida?
Es ist noch etwas früh zu sagen, was ihm schadet oder hilft – schliesslich hat er noch nicht einmal seine Kandidatur für die Präsidentenwahl 2024 bekannt gegeben.
Ob DeSantis’ Politik des Kulturkampfs auch in anderen US-Bundesstaaten ankommt, ist offen.
In Florida ist er sehr erfolgreich, indem er sich im Kulturkampf so klar auf die extrem rechte Seite schlägt. Doch es stellt sich die Frage, wie diese Politik bei den Wählerinnen und Wählern in anderen US-Bundesstaaten ankommt.
Welche Chancen hat DeSantis, tatsächlich Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden?
Er ist noch nicht ausgezählt, aber er ist angezählt. Je länger er wartet mit der Kandidatur und je länger es geht, bis er eine Strategie gegen Trump fahren kann, desto besser kann dieser seinen Vorsprung bei seinen Unterstützern verfestigen. Der Vorwahlkampf dürfte sehr zäh und unschön werden.
Das Gespräch führte Silvia Staub.