Er war nur Videogast in Davos, aber zweifelsohne die Top-Attraktion am Weltwirtschaftsforum 2025: US-Präsident Donald J. Trump. Nicht nur im grossen Saal vor dem Mega-Bildschirm, auch vor dem eigenen Mobilgerät unterwegs zwischen Besprechung und Apéro lauschte die WEF-Gemeinschaft der Trump-Übertragung, und viele TV-Stationen übertrugen die Rede live in die ganze Welt.
Wenig überraschend kam die EU besonders schlecht weg. Aber auch der russische Präsident Wladimir Putin und seine Entourage, seit seinem Überfall auf die Ukraine nicht mehr auf der WEF-Gästeliste, dürften wenig Gefallen gefunden haben. Doch der Druck, den Trump in beide Richtungen ausüben will, ist nicht ohne Risiken für ihn selbst.
Angriff auf Europa
Genüsslich zählte Trump zunächst auf, was in der EU nicht gut laufe. Als Unternehmer habe er einmal in ein – nicht näher identifiziertes – Projekt in Irland investieren wollen. Von den irischen Behörden habe er innerhalb einer Woche die nötige Bewilligung erhalten, fürs EU-Dokument hätte er aber fünf bis sechs Jahre warten müssen. Ob das stimmt, lässt sich nicht überprüfen. Mit seiner Klage über die EU-Bürokratie ist Trump jedenfalls nicht allein – und die wirtschaftliche Schwäche vieler EU-Staaten ist augenscheinlich.
Eine gute Zeit, findet Trump, um anzugreifen. Die Trump-Strategie: Mit tiefen Unternehmenssteuern und hohen Importzöllen will Trump europäische Unternehmen dazu bringen, ihre Produktion in die USA zu verlagern. Eine Strategie, die ihr Ziel erreichen kann, allerdings möglicherweise zu einem hohen Preis, etwa in Form einer stark steigenden Inflation. Ob die US-Wirtschaft als Zollfestung besser dastehen wird, ist fraglich.
«Ein sinnloses Blutbad»
Düster wurde seine Rede, als er auf den Krieg gegen die Ukraine zu sprechen kam. Er habe Bilder gesehen, die er nie mehr vergessen werde – Felder übersät mit den Leichen ukrainischer und russischer Soldaten. Der Krieg sei ein sinnloses Blutbad, das viel mehr Menschenleben gefordert habe, als offiziell zugegeben werden, nämlich Millionen auf beiden Seiten.
Allein diese Darstellung dürfte Putin missfallen, spricht er doch bis heute verharmlosend von einer «militärischen Militäroperation». Vor allem aber betonte Trump, die Ukraine sei bereit für einen Deal, auf Russland hingegen müsse Druck ausgeübt werden. Die Trump-Strategie: zusätzliche Sanktionen und Zölle gegen Russland.
Ein leeres Friedensversprechen?
Doch auch diese Strategie ist nicht ohne Risiko, denn ob sich Putin von Trumps Sanktionsdrohungen wird beeindrucken lassen, steht in den Sternen. Am Ende könnte Trump als Mann dastehen, dessen grosses Friedensversprechen ein leeres geblieben ist.
Sicher ist: Trump dürfte mit hohem Tempo regieren und auch dem WEF 2026 wieder einen Auftritt bescheren, dann möglicherweise in persona – mit einer ersten Zwischenbilanz.