20 Jahre hätte Henry Tarrio noch im Gefängnis sitzen müssen. Doch der Rechtsextreme hat jemanden, der die Macht hat, ihn da herauszuholen: Donald Trump. Der neue US-Präsident hat ihn und rund 1500 andere begnadigt, die am Sturm auf das Parlament in Washington im Jahr 2021 beteiligt waren.
Experten bezeichneten diesen Sturm als eine der grössten Krisen für die US-Demokratie. Und nun, vier Jahre später: «Die Geschichte wird umgeschrieben. Der 6. Januar ist passé. Die Geschichte ist vorbei», sagt Thomas Jäger, USA-Experte und Professor für Internationale Politik an der Universität Köln.
Mit den Begnadigungen setzt Trump ein Signal: «Donald Trump sagt: ‹Mein Wille steht über dem Recht›. Denn es gibt ja überhaupt keinen Zweifel daran, dass sie zu Recht verurteilt wurden.» Rechtsextreme Gruppen können sich dadurch bestärkt fühlen.
Wer sind die rechtsextremen Proud Boys und die Oathkeepers?
Henry Tarrio ist ein ehemaliger Anführer der rechtsextremen Proud Boys, eine von vielen rechtsradikalen Gruppierungen der Vereinigten Staaten. «Die Proud Boys sagen, weisse Männer würden unterdrückt und sie könnten nicht mehr so leben, wie sie von Natur aus würden. Die natürliche Ordnung existiere nicht mehr. Sie haben eine rassistische, islamfeindliche, homophobe, antifeministische und antiliberale Haltung. Im Prinzip sind das weisse Faschisten und weisse Chauvinisten, die bereitstehen, wenn Gewalt eingefordert wird», erklärt Jäger. Die Mitgliederzahl wird auf bis zu 5000 geschätzt und es gibt sie in 40 US-Bundesstaaten.
Eine weitere sehr starke rechtsextreme Gruppierung in den USA sind die Oath Keepers, die als Reaktion auf die Wahl von Obama gegründet wurden, um die «autoritären Angriffe» der Obama-Regierung zu verteidigen.
Oath Keepers: Ehemalige Soldaten und Polizisten
Im Unterschied zu den Proud Boys werden bei den Oath Keepers nur ehemalige Soldaten und Polizisten aufgenommen. «Sie sind viel stärker auf diesen Milizgedanken organisiert. Hier werden Milizen organisiert, um gegen die Regierung, sollte diese aus ihrer Sicht übergriffig werden, vorzugehen. Auch sie wollen den Schutz der «traditionellen Lebensweise», also des weissen Amerikas», sagt der Politologe.
Neben den zwei genannten Gruppierungen gibt es auch viele weitere, beispielsweise die Boogaloo-Bewegung oder die Three Percenters. «Wenn man die alle zusammenrechnet, kommt man auf eine erhebliche Zahl von Zehntausenden, meist Männern, die nicht nur militärisch geschult sind, sondern auch hochgradig bewaffnet. Mit den Begnadigungen hat Trump diese Truppen sozusagen an sich gebunden. Er sendet die Botschaft: ‹Ihr steht bereit, wenn ich will.›»
Signal, man dürfe Gewalt anwenden
Und auch die Rechtsextremen selbst dürften laut dem USA-Experten ein weiteres Argument haben: «‹Wir haben unseren Mann im Weissen Haus, wir sind wir wahren Patrioten›. Denn in ihren Augen verteidigen sie die Verfassung.»
Die Verurteilungen nach dem Sturm auf das Kapitol galten als Sieg für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. Jäger warnt, dass diese Entwicklung mit den Begnadigungen die politische Kultur der USA grundlegend verändere. Denn es sende letztlich das Signal, man dürfe Gewalt anwenden, solange jemand im Weissen Haus sitzt, der ihnen den Rücken freihält. «Die Vereinigten Staaten werden von aussen gesehen schon schrittweise zu einem anderen Land, als sie das mal waren.»
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