Worum geht es? Das Begnadigungsrecht von Präsidenten in den USA erlaubt es ihnen, verurteilte Kriminelle zu begnadigen. Sie können Strafen für Bundesverbrechen aufheben oder mildern. Zuletzt haben auch Joe Biden und Donald Trump wieder von diesem Recht Gebrauch gemacht.
Woher stammt das Begnadigungsrecht? Das Begnadigungsrecht geht auf das britische Common Law zurück. Britische Monarchen konnten demnach Gnadenakte erlassen. Diese umstrittene Tradition wurde von Beginn an in die US-Verfassung aufgenommen.
Gibt es Kritik an diesem Recht? Diese Kompetenz der US-Präsidenten sei immer kritisiert worden, so der US-Experte Christian Lammert: «In Debatten des Verfassungskonvents wurde auch schon gesagt, der Präsident sollte nicht die Macht solcher Begnadigungen haben, weil er Verbrechen erlassen könnte, zu denen er selbst angestiftet hat. Das hat jetzt wieder eine ganz andere Relevanz.» Trotzdem wurde das Recht in der Verfassung verankert. «Damit kann ein Präsident auch fast uneingeschränkt mit diesem Recht umgehen.»
Untergräbt diese Macht die Rechtsstaatlichkeit? Christian Lammert bestätigt dies; besonders dann, wenn begnadigte Personen an Gewaltakten oder an Angriffen auf die Polizei beteiligt waren. Denn so wird auch das staatliche Gewaltmonopol infrage gestellt. «Es legitimiert politisch motivierte Gewalt, wenn man eine Gewalttat für eine bestimmte Politikerin oder einen Präsidenten ausführt. Das ist ein grosses Problem für die Rechtsstaatlichkeit in den USA.» Es sei problematisch, dass Präsidenten diese Kompetenz nutzen, um politische Verbündete oder Familienmitglieder zu schützen.
Könnte diese Befugnis dem Präsidenten weggenommen werden? Eine Debatte zur Reformierung des Begnadigungsrechts wird geführt. Jedoch steht das Recht in der Verfassung – und diese zu ändern, ist sehr kompliziert. Zudem besteht laut Politologe Lammert kaum parteipolitisches Interesse an einer Verfassungsänderung, da sowohl die demokratische als auch die republikanische Seite davon Gebrauch machen.
Gibt es Einschränkungen? Das Begnadigungsrecht ist begrenzt auf Bundesverbrechen, nicht auf Verbrechen auf der Ebene der Bundesstaaten. So kann sich ein Präsident beispielsweise nicht in ein Urteil im Bundesstaat New York einmischen.