Am Ende ist die Begnadigung von Sohn Hunter durch US-Präsident Joe Biden das Eingeständnis, dass das Justizsystem der USA eben doch politisiert ist. Und dies von dem Präsidenten, der diese Justiz immer verteidigt hatte: «Ich glaube an unser System», sagte Biden zwar gestern. «Aber während ich mit diesem Fall gerungen habe, kam ich zur Überzeugung, dass rohe Politik diesen Prozess durchseucht und zu einem Fehlurteil geführt hat.»
Signal mit grosser Erschütterungskraft
Die Zeitschrift «Politico» schreibt es geradeheraus: «Das ist ein reichhaltiges Geschenk für diejenigen, die das Justizsystem, so wie wir es kennen, zerstören wollen, und die behaupten, die Regierung sei ein sich selbst dienender Club heuchlerischer Eliten.» Es ist in der Tat schwer vorstellbar, wie Prinzipien noch verteidigt werden sollen, wenn ihre einflussreichsten Verteidiger diese Prinzipien derart offensichtlich mit Füssen treten.
Natürlich ist es verständlich, dass Joe Biden seinen Sohn vor einer drohenden Strafe schützen will. Zumal der Präsident diese für ungerechtfertigt hält und überzeugt ist, dass die Strafverfolgung eigentlich auf ihn abzielte. Welcher Vater und welche Mutter würde das nicht wollen? Nur: Wie viele dieser Väter und Mütter haben die Möglichkeit dazu?
Ein Geschenk an Trump
In den Tagen seit seinem Wahlsieg hat Donald Trump einen Justizminister vorgeschlagen, der seine Kandidatur nach öffentlichem Druck bereits wieder zurückziehen musste. Er hat ihm loyal ergebene Ideologinnen und Maga-Kämpfer für die Topjobs in der Armee, bei den Geheimdiensten und beim FBI nominiert.
Die Argumente seiner Gegner, die diese Ernennungen zu verhindern versuchen, sind, dass diese Institutionen sakrosankt seien, dass sie funktionieren würden, und dass sie nicht mehr funktionieren könnten, wenn sie derart politisch missbraucht würden. Nun verschont der Präsident seinen Sohn von der Gerechtigkeit, die dieses System gesprochen hat. Der Widerspruch ist offensichtlich.
Bidens Angst vor Trump
Bidens Begnadigung ist auch ein Vorbote dessen, was der noch amtierende Präsident der Vereinigten Staaten für die Zukunft befürchtet. Denn Biden hat seinen Sohn nicht einfach nur für die beiden Straftaten begnadigt, für die sich Hunter Biden schuldig bekannt hat, oder für die er verurteilt worden ist. Joe Biden hat seinem Sohn eine solch umfassende Begnadigung gewährt, dass dieser auch vor Strafverfolgung noch gar nicht erhobener Vorwürfe geschützt ist.
Eine solche breit gefasste Begnadigung gab es zuletzt für Präsident Nixon, die damals nicht nur den Watergate-Skandal umfasste, sondern alle möglichen Vergehen. Dass Joe Biden für seinen Sohn eine ähnlich umfassende Begnadigung ausspricht, deutet offensichtlich auf eine grosse Furcht Bidens vor einem möglichen Rachefeldzug Donald Trumps.
Das Vertrauen erschüttert
Frühere Präsidenten haben ihre Begnadigungen jeweils damit begründet, dass die Begnadigten ihre Schuld eingestehen, und dass sie Verantwortung für begangene Fehltritte übernommen hätten. Diese Begründungen waren dazu gedacht, das Vertrauen in die Justiz aufrechtzuerhalten.
Donald Trump hat diese Norm als erster gebrochen, als er in seiner ersten Präsidentschaft Begnadigungen politischer Verbündeter teilweise damit begründete, diese seien Opfer unfairer Strafverfolgung gewesen. Joe Biden ist Donald Trump nun gefolgt.