Von internationaler Zusammenarbeit hält Donald Trump wenig – und damit auch von den Vereinten Nationen. Das bewies er bereits während seiner ersten Amtszeit. Gross sind daher die Sorgen in Genf, am zweitwichtigsten Sitz der UNO mit gegen 30'000 Beschäftigten.
Am grössten ist die Unruhe bei jenen UNO-Organisationen, denen schon die erste Trump-Regierung den Rücken gekehrt hat. Die wichtigste darunter ist der UNO-Menschenrechtsrat. Ihn sehen die Trump-Leute als notorisch israelfeindlich. Menschenrechtspolitik steht ohnehin nicht auf ihrer Agenda.
Mehrere Bereiche betroffen
Auch der Weltgesundheitsorganisation WHO droht erneut ein US-Austritt. Während der Covid-Krise wurde sie von Trump als Instrument Pekings gescholten. Wahrscheinlich ist ebenfalls, dass sich Washington von der UNO-Organisation für Meteorologie abwendet, die sich gegen den Klimawandel engagiert.
Bei der Welthandelsorganisation WTO dürfte die Blockade fortdauern oder sich sogar noch verhärten. Trump ist kein Anhänger freien Handels. Der UNO-Organisation für humanitäre Hilfe (Ocha) drohen wie vielen anderen Kürzungen der US-Beiträge. Genauso den UNO-Blauhelmoperationen.
Das Palästinenserhilfswerk UNRWA dürfte gar dauerhaft kein Geld mehr erhalten vom bisher grössten Zahler USA. Und Adieu sagen wird Trump wohl ebenfalls der Unesco in Paris. Dass viele in Genf und an anderen UNO-Standorten besorgt sind, ist also verständlich.
Trump hasst Multilateralismus
Wer austritt, hat kein Stimmrecht mehr und informell weniger zu melden. Während Trumps erster Amtszeit schwand das Gewicht seines Landes am Genfer UNO-Sitz offenkundig. Zumal sich der Präsident zwei Jahre Zeit liess, auf diesem wichtigen diplomatischen Posten überhaupt einen Botschafter zu installieren.
Als er es dann tat, war es einer, der von den Vereinten Nationen keine Ahnung hatte. Auch so signalisierte Trump Verachtung und Desinteresse für die multilaterale Zusammenarbeit.
Das fiel umso mehr auf, als die USA traditionell in der UNO zwar längst nicht immer der Musterknabe sind – man denke an Vietnam, Irak, Guantánamo –, aber stets die erste Geige spielten. Die Vereinten Nationen sind ein Stück weit sogar eine Erfindung der USA als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg.
China füllt das Vakuum aus
Wenn Lücken entstehen, werden sie gefüllt. Während der ersten Regierung Trump wuchs das Gewicht Chinas in der UNO merklich. Das dürfte wiederum so sein. Peking hat den Ehrgeiz, die UNO nach seinen Vorstellungen umzukrempeln.
Aber auch Länder wie Russland oder Indien streben nach mehr Einfluss. Auf der anderen Seite wird es mühsam für demokratische, westliche Länder. Ihre Bedeutung verringert sich, wenn sich die USA als Anführer des Westens nicht mehr engagieren.
Das verheisst keine neue Weltordnung, sondern zunächst mal eine «Welt-Unordnung». Und einen Abschied von der «Pax Americana» als dominierendes Modell, bei dem die USA den Ton angeben und für Regeln sorgen – an die sie sich allerdings selber nicht immer halten.
Und wenn China und Russland nun eine multipolare Weltordnung versprechen, bedeutet das keineswegs, dass alle Staaten künftig etwas zu sagen haben. Vielmehr werden die Grossmächte den Ton angeben – was durchaus auch Trumps Vorstellungen entspricht.
Entscheidend sein werden dabei nicht Regeln, nicht das Völkerrecht, nicht die UNO-Charta. Sondern die schiere Macht.