Donald Trump dürfte sich die Auswirkung seiner Wahl anders vorgestellt haben. Sein Vizepräsidentschaftskandidat James David (J.D.) Vance bringt Trump nicht die breiteren Wählerschichten, die er nach dem Kandidatenwechsel bei den Demokraten wieder braucht. Und wegen früherer Ausfälle gegen die demokratische Kandidatin Kamala Harris steht Vance nun selbst in der eigenen Partei in der Kritik.
«Kinderlose Katzenfrau»
Vor drei Jahren nannte Vance während seines Wahlkampfes für einen Sitz im Senat Harris in einem Interview eine «kinderlose Katzenfrau». Diese «Cat Ladies» seien mit ihren Lebensentscheidungen unglücklich. «Deshalb wollen sie auch den Rest des Landes unglücklich machen», sagte Vance. Mehr noch: Die Führung der Demokraten bestünde aus lauter Leuten, die keine Kinder hätten, und die sich deshalb auch nicht wirklich für die Zukunft des Landes einsetzen würden.
Das kam nicht nur bei kinderlosen Frauen schlecht an, sondern auch in den eigenen Reihen. Die republikanische Senatorin aus Alaska, Lisa Murkowski, kritisierte Vance offen: «Das war beleidigend für mich als Frau! Frauen treffen ihre eigenen Entscheidungen, ob sie Kinder haben wollen, oder Katzen, oder Hunde.» Und der inzwischen von den Demokraten zu einem Unabhängigen gewechselte Senator Joe Manchin sagte: «Ich dachte, ich hätte in meinen langen Jahren in der Politik schon alles gehört. Aber offenbar habe ich mich getäuscht.»
Trump fühlte sich zu sicher
Als Trump den ehemaligen Bestsellerautoren («Hillbilly-Elegy»), US-Marines-Soldaten, Risikokapitalgeber und heutigen Senator J.D. Vance zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten erkor, ging er davon aus, dass sein Gegner Joe Biden heissen würde. Nach dessen desaströsen Fernsehdebatte war sich Trump seines Wahlsieges offenbar so sicher, dass er davon absah, jemanden als Vizekandidatin oder -kandidaten auszuwählen, die oder der seine Wählerbasis verbreitern würde. Im Gegenteil, mit J.D. Vance wollte Trump seinen Nachfolger küren, und die «Make America Great Again»-Philosophie weitertreiben.
Nach dem Verzicht Bidens als Kandidat der Demokraten und der schnellen Kür von Kamala Harris hat sich die Ausgangslage im US-Präsidentschaftswahlkampf jedoch verändert. Mit einer weitgehend aus Weissen bestehenden Wählerschaft alleine wird Trump die Präsidentschaft nicht gewinnen können. Und Kamala Harris mit ihrer Identität oder ihrem Geschlecht anzugreifen, wird ebenfalls kaum hilfreich sein. Trump sucht nach einer passenden Strategie. J.D. Vance ist dabei bisher wenig hilfreich.