Wer regiert künftig die USA? Kamala Harris oder Donald Trump? Diese Frage dominiert den Wahlkampf in den USA. Allerdings geht fast vergessen, dass auch das Repräsentantenhaus und ein Teil des Senats gewählt wird – und noch mehr. USA-Korrespondent Andrea Christen über die Wahlen im Schatten von Trump und Harris.
Wer und was wird gewählt?
Harris und Trump stehen für die Präsidentschaftswahl ganz zuoberst auf dem Wahlzettel der US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner. Doch die Wahlzettel sind noch viel länger. Richterinnen, vielerorts auch die Parlamente der Bundesstaaten, Gouverneure und eben auch ein grosser Teil des Kongresses können ebenfalls gewählt werden.
Welche Bedeutung haben die Parlamentswahlen in den USA?
Es geht um vieles. Es wird sich entscheiden, wer in den beiden Kammern – dem Repräsentantenhaus und dem Senat – die Mehrheiten holt. Mitentscheidend wird sein, ob der neue Präsident oder die neue Präsidentin die Wahlkampfversprechen umsetzen kann.
Wie sieht die Ausgangslage im US-Senat aus?
Den Demokraten wird es sehr schwerfallen, die kleine Kammer zu halten. Sie müssen drei Sitze in sogenannt «roten», also republikanischen, Bundesstaaten verteidigen: in West Virginia, Montana und Ohio. Im sehr konservativen West Virginia tritt der seit 2010 amtierende demokratische Senator nicht mehr an, weshalb dieser Sitz für die Demokraten so gut wie verloren ist. Auch in Montana konnte sich bislang ein demokratischer Senator halten, obwohl dort seit Jahrzehnten republikanische Präsidentschaftskandidaten gewählt werden. Zwar ist es in der Regel schwierig, amtierende Senatoren zu besiegen. Aber das könnte den Republikanern in Montana nun gelingen – ebenso in Ohio. Zudem dürften die Senatsrennen in Michigan, Arizona oder Wisconsin knapp ausfallen. Sie alle waren bislang dem demokratischen Lager zuzurechnen.
Wie sieht die Ausgangslage im Repräsentantenhaus aus?
In einer überwiegenden Mehrheit der Wahldistrikte steht das Resultat schon so gut wie fest. Die entscheidenden Wahlen waren dort die innerparteilichen Vorwahlen. Diese kleine Zahl der umkämpften Sitze ist bemerkenswert, zumal es sich um insgesamt 435 Sitze handelt, die es neu zu besetzen gilt. Die Demokraten setzen ihre Hoffnungen besonders auf Wahlkreise, wo 2020 Joe Biden am meisten Stimmen holte, wo 2022 bei den Zwischenwahlen dann aber die Republikaner siegten. Im Fokus sind speziell einige Wahlkreise in den Bundesstaaten Kalifornien und New York. In diesen beiden Distrikten dürfen die Demokraten hoffen, auch weil das Zugpferd neu Kamala Harris heisst. Würden die Demokraten am Wahltag in diesen Wahlkreisen siegen, wäre das ein zentraler Indikator dafür, dass sich die Demokraten die Mehrheit in der grossen Kammer zurückholen könnten.
Welche Folgen haben die knappen Rennen in beiden Kongresskammern?
Wenn zum Beispiel Kamala Harris Präsidentin werden würde, die Demokraten aber den Senat verlieren würden, könnte das Harris, die dann Richterinnen und Richter nominieren müsste, das Leben schwer machen. Denn der Senat bestätigt diese oder Kabinettsmitglieder. Es würde auch sehr viel schwieriger werden, grosse gesetzgeberische Würfe durchzubringen. Ein nationales Recht auf Abtreibung, von dem Harris im Wahlkampf spricht, wäre dann sehr unwahrscheinlich. Also besonders dann, wenn sich die Parteien die Macht teilen müssen, kann das zu Stillstand führen – gut ersichtlich am jetzigen Kongress. Und je nachdem, wie die Wahlen am 5. November ausfallen, könnte das so weitergehen.