Die USA verhängen totale Ölsanktionen gegen den Iran. Ab Mai dürfen auch jene acht Länder kein iranisches Erdöl mehr kaufen, denen die USA das bisher noch erlaubt hatten – andernfalls müssen sie mit US-Sanktionen rechnen.
Für den Iran dürfte das wirtschaftliche Folgen haben – denn dringend benötigte Devisen kann sich Teheran zu einem grossen Teil nur durch den Erdöl-Export beschaffen. Ausserdem werde die Region des Mittleren Ostens weiter destabilisiert, sagt der Iran-Experte Adnan Tabatabai.
SRF News: Wie stark trifft das Ende der Ausnahmeregelung für Erdöl-Exporte die iranische Wirtschaft?
Adnan Tabatabai: Das Erdöl macht 60 Prozent der Exporte des Irans aus. Deshalb dürfte die Ausweitung des US-Embargos die iranische Wirtschaft schwer treffen. Erst gerade gab es schwere Überschwemmungen im Land, die Regierung wäre deshalb auf Finanzmittel angewiesen, um den Geschädigten zu helfen. Entsprechend kommen die neuen Sanktionen hochgradig ungelegen.
Langfristig wolle man Öl-Exporte aus Iran ganz verhindern, heisst es aus Washington. Das werde nicht gelingen, heisst es aus Teheran. Wer hat recht?
Auch unabhängige Experten gehen davon aus, dass eine völlige Verunmöglichung jeglicher Öl-Exporte nicht gelingen kann. Der Iran wird sich neue Wege suchen, um Erdöl zu verkaufen. Allerdings wird Teheran dazu auf Mittelsmänner angewiesen sein, was wiederum die Korruption verstärken dürfte – ein bekanntes Phänomen in Fällen von Sanktionsregimen.
Das iranische Aussenministerium bezeichnet die US-Sanktionen als grundsätzlich illegal und will mögliche Konsequenzen prüfen. Wie könnten die aussehen?
Teheran versucht zunächst, rhetorisch auf die US-Ankündigung zu reagieren. Wichtiger aber wird sein, ob das Regime eine Strategie entwickeln kann, um sein Erdöl auch in Zukunft verkaufen zu können. Weniger wahrscheinlich ist, dass der Iran die wichtige Seestrasse von Hormus am Persischen Golf schliesst – auch wenn er damit gedroht hat. Denn das könnte einen Krieg in der Region zur Folge haben.
Die USA untergraben eine Resolution des UNO-Sicherheitsrats.
Während Israel die Verschärfung der US-Sanktionen feiert, übt die EU Kritik. Lassen sich die USA davon beeindrucken?
Keineswegs. Wir haben es mit einer internationalen Machtprojektion seitens der USA zu tun. Die Sanktionen gegen den Iran fussen auf einer unrechtmässigen Grundlage, denn die USA verstossen damit gegen das Atomabkommen mit dem Iran von 2015. Aus Sicht der USA mag ihr Verhalten rechtmässig sein, schliesslich haben sie das Atomabkommen gekündigt. Doch mit ihrem Verhalten untergraben sie nicht nur ein internationales Abkommen, sondern auch eine Resolution des UNO-Sicherheitsrats.
Der eh schon instabile Mittlere Osten könnte sich weiter destabilisieren.
Die Zeichen zwischen den USA und Iran stehen im Moment auf Verhärtung. Was bedeutet das für die Region?
Problematisch ist, dass sich iranisch-amerikanische Spannungen häufig auf andere Länder im Mittleren Osten auswirken – das kann der Irak sein oder Afghanistan. In Ländern, wo sowohl amerikanische wie iranische Truppen involviert sind, kann es durchaus zu militärischen Auseinandersetzungen kommen. Dies umso mehr, als die iranische Elitetruppe, die Revolutionsgarde, von den USA kürzlich auf die Terrorliste gesetzt wurde. Ein Revolutionsgardist im Irak wird von US-Truppen also als Terrorist eingestuft. Kommt es zu Kampfhandlungen zwischen den Truppen beider Länder, hätte dies destabilisierende Auswirkungen in einer sowieso schon sehr instabilen Region. Mit der harten Politik von US-Präsident Donald Trump spitzt sich diese Gefahr weiter zu.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.