Was ist passiert? Der Sturm «Daniel», der letzte Woche in Mittelgriechenland mit verheerenden Regenmengen grosse Schäden angerichtet hat, hat sich danach weiterbewegt und ist am Sonntag im Osten Libyens auf Land getroffen. Auch dort brachte er immense Regenmengen mit sich, Behördenvertreter sprechen von den stärksten Niederschlägen seit 40 Jahren in dem nordafrikanischen Land.
Was sind die Folgen? In mehreren libyschen Ortschaften am Meer richteten die Wassermassen schwerste Schäden an. Allein in der Stadt Derna sind wohl mehrere Tausend Menschen umgekommen, viele weitere werden noch vermisst. Genaue Angaben fehlen bislang jedoch. Videos in sozialen Medien zeigen dort, wo sich die meterhohen Wassermassen durch die Stadt wälzten, eine Zerstörung apokalyptischen Ausmasses.
Warum gerade Derna? Offenbar brachen in den Bergen südlich der Stadt zwei Dämme, worauf sich die Wassermassen das Tal hinunter durch die Stadt ergossen und alles auf ihrem Weg mitrissen und verwüsteten. Videos in sozialen Medien zeigen reissende Fluten in den Strassen der Stadt, Menschen versuchen sich aus vom Wasser eingeschlossenen Autos zu retten. Ganze Häuser werden weggeschwemmt, Autos sowieso.
Wie viele Opfer gibt es? Der Leiter des Libyen-Büros der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften mit Sitz in Tunis, Tamer Ramadan, sagte, man rechne mit mehreren Tausend Todesopfern. Rund 10'000 Menschen gelten demnach als vermisst. Laut Angaben aus Derna sind bereits rund 300 Tote in Massengräbern beerdigt worden.
Sind noch andere Orte betroffen? Neben Derna sind laut Berichten aus Libyen auch andere Städte in der Region wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat von Zerstörungen durch die Wassermassen betroffen. Der Bürgermeister in Schahat sprach von rund 20'000 Quadratkilometern überfluteter Gebiete – eine Fläche fast halb so gross wie die Schweiz.
Wird den Menschen geholfen? Die Hilfe aus anderen Teilen Libyens läuft nur schleppend an. Das hat einerseits sicher damit zu tun, dass Derna und die anderen betroffenen Städte und Dörfer nach den Zerstörungen nur schwer zugänglich sind. Es hat aber auch mit dem seit zwölf Jahren andauernden Machtkampf und Bürgerkrieg in Libyen zu tun. Die staatlichen Strukturen, die für effiziente Hilfe benötigt würden, sind sehr schwach. Immerhin: Die von der UNO anerkannte Regierung in Tripolis, die das Katastrophengebiet eigentlich nicht kontrolliert, hat Wiederaufbauhilfe in Höhe von rund 380 Mio. Franken zugesagt.
Welche Hilfe kommt aus dem Ausland? Als eines der ersten Länder hat die Türkei Rettungskräfte, -boote und Hilfsgüter nach Libyen geschickt. Auch andere Länder wie Ägypten oder die EU haben Hilfe angeboten. Inzwischen hat auch die UNO die Mobilisierung von Hilfe angekündigt. Man arbeite mit lokalen, nationalen und internationalen Partnern zusammen, «um den Menschen in den betroffenen Gebieten dringend benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen», sagte ein Sprecher von UNO-Generalsekretär António Guterres in New York. Ein UNO-Team sei vor Ort.