Trauer, Angstzustände oder Depression: In den letzten Jahren haben psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. Von 2011 bis 2021 ist das Gefühl von Traurigkeit und Trostlosigkeit bei jugendlichen Mädchen in den USA um 58 Prozent gestiegen – bei den Jungen um 38 Prozent. Dies zeigt eine aktuelle Studie des amerikanischen Center for Disease Control and Prevention (CDC).
Einige Fachpersonen vermuten, dass Social Media dabei eine entscheidende Rolle spielt. Der US-Bundesstaat Florida will nun Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren soziale Netzwerke verbieten und so die psychische Gesundheit der jüngsten Handynutzer schützen.
Das Repräsentantenhaus hat den Gesetzesentwurf mit 106 zu 13 Stimmen angenommen. Gemäss dem Entwurf sollen Konten von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren gelöscht werden. Zudem sollen Social-Media-Plattformen verpflichtet werden, das Alter der Nutzer bei einer Neuanmeldung von einem Drittanbieter prüfen zu lassen.
Prävention anstatt Verbot
Ein Verbot könne dazu führen, dass weniger Prävention betrieben werde, sagt Nina Hobi, Projektleiterin von Jugend und Medien. «Wenn Jugendliche bis zum 17. Lebensjahr nicht in Berührung mit sozialen Medien kommen, heisst das auch, dass sie sich vorher nie damit auseinandersetzen müssen.» Doch genau, das wäre wichtig: «Man sollte Kindern von klein auf den Umgang mit digitalen Medien beibringen und die Risiken thematisieren», so Hobi.
Der ständige Vergleich in sozialen Netzwerken könne sehr frustrierend sein. Gerade für Jugendliche, die noch dabei sind, sich selber zu finden. «Da muss man gut in die Prävention investieren, damit die Jugendlichen stark genug sind, zu sagen: Ich kann das schön finden, aber ich muss nicht so aussehen.»
In den Schweizer Lehrplänen ist die Förderung von Medienkompetenz bereits seit längerem verankert. Hierzulande verbringen Jugendliche laut der aktuellen James Studie in ihrer Freizeit durchschnittlich drei Stunden und 14 Minuten am Smartphone – am Wochenende bis zu fünf Stunden. Viel entscheidender als die reine Bildschirmzeit sei, was die Jugendlichen in dieser Zeit tatsächlich tun, sagt Hobi. «Scrollen sie nur durch irgendwelche Feeds oder tauschen sie sich mit Gleichaltrigen aus?»
Frühzeitiges Erkennen ist wichtig
In vielen Beratungsgesprächen mit Jugendlichen, die psychische Probleme haben, spielen soziale Medien eine Rolle, so Hobi. Ob ihre Nutzung ein Auslöser für psychische Probleme sein kann, sei in der Forschung jedoch nicht eindeutig belegt. «Aber die Algorithmen der Plattformen, die einem immer mehr destruktive Inhalte zeigen, wenn man einmal welche angesehen hat, können zu einer Abwärtsspirale führen.»
In solchen Situationen sei es wichtig, dass die Eltern dies frühzeitig erkennen, mit ihrem Kind im Gespräch bleiben und gemeinsam nach einer Lösung suchen. «Betroffene Eltern müssen das nicht alleine durchstehen. Sie können sich an Beratungsstellen wenden – das gilt im Übrigen auch für die Kinder.»
In Florida wird der Gesetzentwurf nun dem Senat zur Beratung vorgelegt. Welche Plattformen von dem Gesetz betroffen sind, steht noch nicht fest. Laut Entwurf sind all jene gemeint, die darauf abzielen, dass ein Nutzer «ein übermässiges oder zwanghaftes Bedürfnis hat, die Social-Media-Plattform zu brauchen».