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Britische Wasserversorgung ist in einem schlechten Zustand
Aus SRF 4 News aktuell vom 15.11.2024. Bild: Reuters/Dylan Martinez
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Verschmutzte Gewässer Unappetitliche Geschichte: die Wasser-Privatisierung in England

Übelkeit, Erbrechen und Durchfall: Diese Symptome können nach einem Bad in englischen Gewässern auftreten. Denn regelmässig leiten Wasserwerke ungereinigtes Abwasser in Flüsse, Bäche und ins Meer. Eine Schadenbilanz.

Fischer aus Cornwall. Schwimmerinnen aus Kent. Surfer aus Brighton. Alle strömen sie Anfang November nach London. Im Gepäck eine unmissverständliche Forderung: «Wir wollen saubere Gewässer! Wir bezahlen dafür! Wir haben ein Anrecht darauf!», skandiert ein junger Mann mit einem Megaphon.

Der «Clean Water March» war die grösste Demonstration, mit der die neue Labour-Regierung bis anhin konfrontiert war. Über 15'000 Leute äusserten ihren Unmut darüber, fast täglich mit neuen Schadensmeldungen konfrontiert zu werden.

Allein im vergangenen Jahr haben die Wasserwerke in England nach Regenfällen 450'000 Mal den Inhalt ihrer Klärbecken ungereinigt in Flüsse und Bäche eingeleitet. 

Diese haben sich längst in Abwasserkanäle verwandelt. Selbst in der Themse vor dem Parlament schwimmen nach Gewittern Fäkalien. Vom Schwimmen in englischen Flüssen raten deshalb die Gesundheitsbehörden dringend ab und das ärgert Fliegenfischer Benn, der ebenfalls nach London gekommen ist.

Gruppe von Menschen mit Fischbannern vor einem Gebäude.
Legende: Fliegenfischer Benn (in der Mitte) protestiert mit seinen Leuten in London. SRF/Patrik Wülser

«Ich bin so zornig und wütend. Ein Fünftel unserer Süsswasserfische sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Menschen werden beim Schwimmen krank. Und ich bin frustriert, dass sich nichts ändert.»

Abwassersystem aus viktorianischen Zeiten

Die desolate Situation ist einem völlig veralteten Abwassersystem aus viktorianischen Zeiten geschuldet, das mit der wachsenden Bevölkerung nicht Schritt halten kann. Auch mangelnde staatlicher Aufsicht ist ein Grund, insbesondere aber ein gescheitertes Experiment.

 «Meine Damen und Herren Ich bin überzeugt, dass die Privatisierung unserer Wasserversorgung für alle Beteiligten ein voller Erfolg wird.» Es war am 28. November 1989 als die damalige Premierministerin Margarete Thatcher im britischen Unterhaus die Vorzüge der Privatisierung der Wasserversorgung anpries.

Frau spricht in ein Mikrofon.
Legende: Margarete Thatcher war als erste Frau von 1979 bis 1990 Premierministerin des Vereinigten Königreichs. imago/ Newscom World

Die Kräfte des freien Marktes würden die Gebühren für Wasser senken. Gleichzeitig die Steuerzahler entlasten, weil private Investoren das marode Wasser- und Kanalisationsnetz sanieren würden, prophezeite die eiserne Lady. Doch die Kräfte wirkten anders. Gut 30 Jahre später zieht Mathew Lawrence, Ökonom und Direktor des Common Wealth Instituts, das die Folgen von Privatisierungen untersucht, eine vernichtende Bilanz:

Mann in Jeanshemd vor grossem Fenster.
Legende: Mathew Lawrence ist Ökonom und Direktor des Common Wealth Instituts. SRF/ Patrik Wülser

«Seit drei Jahrzehnten haben die privatisierten Wasserwerke in diesem Land ein Monopol. Sie machen grosse Gewinne, zahlen Dividenden und investieren wenig. Der Service, den sie der Bevölkerung bieten ist miserabel. Sie vergiften unsere Flüsse. Sie vernachlässigen die Infrastruktur. Das Experiment Privatisierung ist klar gescheitert. Wir sollten das öffentliche Interesse und den Umweltschutz künftig höher gewichten als privates Gewinnstreben.»

Petition fordert Renationalisierung der Wasserwerke

Nicht nur die meisten Gewässer in England sind krank, sondern ebenso die Wasserwerke. Um hohe Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen zu können, wurden die Werke verschuldet. Heute steht Firmen wie «Thames Water» das Wasser finanziell buchstäblich bis zum Hals.

Über 300'000 Britinnen und Briten fordern deshalb in einer Petition die Renationalisierung der Wasserwerke. Doch das ist schneller gesagt als getan. Gemäss Experten würde eine Verstaatlichung die Steuerzahlenden teuer zu stehen kommen, nämlich zwischen 80 bis 100 Milliarden Franken.

Echo der Zeit, 15.11.2024, 18 Uhr

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