Es ist der umfassendste Bericht zum Zustand der Artenvielfalt, der jemals ausgearbeitet wurde: 145 Experten aus 50 Ländern analysierten in den vergangenen drei Jahr mehr als 15'000 Quellen. Eine Woche lang sind nun in Paris die 132 Mitgliedsstaaten des Weltbiodiversitätsrats IBPES zusammengesessen und haben den Bericht verabschiedet.
Kein schönes Bild
Ähnlich wie beim weitaus bekannteren Weltklimarat IPCC ist das Bild, das die Wissenschaftler vom Zustand der Welt zeichnen, kein schönes. Die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen und die Umweltverschmutzung nehmen bei einem wachsenden Bedarf an Lebensmitteln, Energie und Rohstoffen stetig zu.
Nicht verwunderlich, denn in den vergangenen 50 Jahren hat sich die Bevölkerung verdoppelt, der pro-Kopf Konsum hat zugenommen und die globale Wirtschaft hat sich fast vervierfacht.
Parallel dazu nehmen die Leistungen, die die Natur erbringt, ab. Die Böden sind belastet und verlieren an Fruchtbarkeit, die Meere sind leergefischt, das Mikroklima verschlechtert sich, Naturgefahren nehmen zu.
Verschiedene Zukunftsszenarien
Der Bericht zeigt verschiedene Zukunftsszenarien für die kommenden 30 Jahre auf. Macht die Welt weiter wie bisher, werden die negativen Auswirkungen – insbesondere, aber nicht nur – in Südamerika, Afrika und Asien enorm gross sein. Konflikte um Ressourcen nähmen zu und die Ärmsten wären am stärksten betroffen. Unter ihnen vor allem Frauen und Kinder.
Lange Massnahmenliste
Zudem müssten die Staaten den Erhalt und die Förderung der Biodiversität stark priorisieren. Statt isolierter Umweltdepartemente, die meist einen geringen Handlungsspielraum haben, bräuchte es deren Integration in alle Sektoren. Von der Landwirtschaft über die Bildung bis hin zum Finanzwesen.
Schädliche Subventionen müssten abgeschafft, neue Anreize geschaffen und das Umweltbewusstsein gesteigert werden: Die Liste der Lösungen und möglichen Massnahmen ist lang.
Einen hohen Stellenwert hat laut dem Bericht auch das Wissen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften über die Natur, deren Erhaltung und nachhaltige Nutzung. Dieses Wissen zu erhalten und zu fördern sei essentiell.
Ziele nicht erreicht
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Menschheit bisher nicht zu effektivem Handeln bereit ist. So hatten sich etwa die 196 Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention vor acht Jahren auf die sogenannten Aichi-Ziele geeinigt: Bis 2020 wollten sie den Verlust der Lebensräume um die Hälfte reduzieren, die Überfischung stoppen und die Schutzgebiete an Land auf 17 Prozent und unter Wasser auf zehn Prozent erweitern. Schon heute steht fest, dass sie höchstens einen Bruchteil dieser Ziele erreichen werden.
2020 verhandeln die Regierungen der Welt die neuen Zielsetzungen und Rahmenbedingungen für den künftigen Umgang mit der Natur. Der Bericht macht deutlich, dass der Erhalt einer intakten Natur nicht nur aus ethischer Sicht zentral ist. Er ist auch die Voraussetzung für so überlebenswichtige Faktoren wie Ernährungssicherheit, Klimaschutz, Frieden und Wohlstand.