Eine geschäftige Einkaufsstrasse in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Eine Kakofonie von K-Pop-Songs plärrt aus den Kleiderläden, Make-up-Stores und Cafés. Drei junge Frauen, die auf einer Bank sitzen, mustern eine Gruppe europäischer Touristinnen.
Die 23-jährige Kim erinnert sich: «Als ich ein Kind war, war ich jedes Mal überrascht, wenn ich Ausländer auf der Strasse sah. Heutzutage ist das natürlich und keine Überraschung mehr.»
Je populärer die koreanische Popmusik, Fernsehserien und Filme rund um den Globus werden, desto häufiger trifft man in Südkorea auf Touristen aus aller Welt.
Wie erklären sich die jungen Südkoreanerinnen diese Beliebtheit der koreanischen Popkultur? Vielleicht sei es das gute Aussehen der Musikerinnen und Musiker, meint Krankenschwester Kim: «Die K-Pop-Stars sehen wirklich gut aus und sind talentiert. Plus: Die Agenten der Stars organisieren Konzerte im Ausland und schauen, dass diese in ausländischen Fernsehshows auftreten können. All diese Marketingmassnahmen führen zur Beliebtheit.»
Auch Kwong Gi-Jun fragt sich, wie die koreanische Popkultur die Welt erobern konnte. Der Historiker kuratierte für das Nationale Museum für Koreanische Zeitgeschichte in Seoul eine Ausstellung zur «koreanischen Welle», wie das Phänomen auch genannt wird.
Politisch geförderter Welterfolg
Kwong streicht die Rolle der südkoreanischen Regierung heraus. Insbesondere zu Beginn: «Die Regierung hat die Popkultur finanziell unterstützt – besonders auch in klammen Zeiten. Ohne dabei der Kultur Schranken zu setzen. Zudem förderte die Regierung die Vermarktung von koreanischen TV-Serien, Filmen und Popmusik im Ausland», sagt Kwong.
Angerollt sei die koreanische Welle bereits in den 1990er-Jahren. Nachdem Ende des Kalten Krieges sei Südkorea in den Austausch mit vielen Ländern getreten. Dabei waren die Chinesinnen und Chinesen die ersten, die angefressen waren von koreanischen TV-Serien. Bald folgte der Erfolg von K-Pop-Musik und TV-Dramen in Japan und Südostasien.
Von Südkorea hinaus in die Welt
Dass gerade in den umliegenden Ländern die koreanische Welle ins Rollen kam, begründen Forscherinnen und Forscher mit der Kultur: «Sie sehen gemeinsame kulturelle Elemente wie den Konfuzianismus, ähnliche gesellschaftliche Wertvorstellungen – etwa, was Kinder tun und lassen sollen – und verwandte Umgangsformen als Grund, weshalb in asiatischen Ländern die koreanischen TV-Dramen gut verstanden wurden.»
Auch Krankenpflegerin Kim und ihre Freundinnen spüren die internationale Aufmerksamkeit: «Wenn ich ins Ausland gehe, kennt man Südkorea nicht unbedingt. Aber die Band BTS zum Beispiel kennen alle. Durch den K-Pop wird das globale Bewusstsein für unser Land erhöht. Das macht mich stolz.»
Die südkoreanische Regierung und zahlreiche Firmen versuchen derweil, aus der Welle maximalen Profit zu schlagen. Das Präfix K, das für «korean», also koreanisch steht, taucht immer häufiger auf. K-Beauty für Make-up, K-Food für Lebensmittel, K-Clothes für Kleider – alle wollen auf der koreanischen Welle mitreiten.