Es lässt sich nicht bestreiten, dass Liz Cheney eine stramm konservative Republikanerin ist. Sie stimmte so gut wie immer für die Gesetzesvorhaben von Präsident Donald Trump. Doch dann kamen die Präsidentschaftswahl von 2020 und Trumps Versuch, das Ergebnis zu seinen Gunsten zu kippen. Cheney, damals als Abgeordnete selbst im Gebäude, war wohl zutiefst erschüttert, als am 6. Januar 2021 ein wütender Mob, angestachelt von Trump, das Kapitol stürmte.
Ihre Fraktion scharte sich, als der erste Schock vorbei war, wieder hinter Trump. Cheney aber stellte sich an die Spitze des republikanischen Widerstands. Im Repräsentantenhaus stimmte sie für seine Amtsenthebung und im Komitee, das den 6. Januar untersucht, spielt sie eine führende Rolle. Sie erklärte, Trump dürfe nie mehr ins Weisse Haus gelangen – und sie geisselte ihre Parteikollegen für ihre Trump-Hörigkeit.
Gegnerin von Ex-Präsident unterstützt
Sie sei eine der wenigen Republikanerinnen mit einem Gewissen, die sich schützend vor die Verfassung und die Demokratie stellten, fanden ihre Unterstützer, darunter auch Demokraten, die inhaltlich kaum einen gemeinsamen Nenner finden mit Cheney. Doch in der eigenen Partei und in ihrer Fraktion ist Cheney eine Ausgestossene.
Und jetzt zahlt sie auch an der Urne den Preis des Widerstands: In den republikanischen Vorwahlen in ihrem Bundesstaat Wyoming wurde sie richtiggehend abgestraft. Eine deutliche Mehrheit stimmte für Herausforderin Harriet Hageman. Deren eigentliche Wahl im November ist im sehr konservativen Wyoming nur noch eine Formalität. Hageman hat die volle Unterstützung Trumps.
In Wyoming, im bevölkerungsärmsten Bundesstaat der USA, veranstaltete er für Hageman eine seiner berühmt-berüchtigten «Rallies» – ein Zeichen dafür, wie sehr er Cheney, seine erbittertste Gegnerin, aus dem Amt drängen wollte. Das ist Teil eines Rachefeldzugs gegen all jene Republikaner, die sich gegen Trump wandten und seine Lüge, bei der Wahl von 2020 sei es zu massivem Wahlbetrug gekommen, nicht mittragen.
Kritische Haltung wird bestraft
Von den zehn Republikanern und Republikanerinnen, die damals im Repräsentantenhaus für seine Amtsenthebung stimmten, haben nur zwei ihre parteiinterne Vorwahl gewonnen, die anderen verloren gegen Trump-Kandidaten oder stellten sich nicht zur Wiederwahl.
Trump dominiert die Parteibasis. Das zeigt sich auch anderswo: Mit einigen Ausnahmen haben sich Trumps Kandidatinnen und Kandidaten in den parteiinternen Vorwahlen durchgesetzt. In entscheidenden Bundesstaaten wie Arizona, Georgia oder Wisconsin hat Trump seine Senats- oder Gouverneurskandidaten in Stellung gebracht.
Sie halten zu Trump, was heisst, dass sie (wohl mehr oder weniger überzeugt) an die Mär der gestohlenen Wahl von 2020 glauben. Und als die Bundespolizei kürzlich Trumps Residenz in Florida durchsuchte, um geheime Dokumente zu suchen, beeilten sich die Parteigrössen, ihn zu verteidigen.
Offensichtlich immer noch Trumps Partei
Dies auch in Wyoming, wo er 2016 und 2020 jeweils 70 Prozent der Stimmen holte. Liz Cheney wusste, dass ihr dort die Abwahl droht. Doch ihre Rolle im Trump-Widerstand brachte ihr landesweite Bewunderung ein, auch im demokratischen Lager.
Vorläufig bleibt sie im Amt, ihre Arbeit im Komitee zur Untersuchung des 6. Januars kann sie noch weiterführen. Und auch wenn die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney nun ihren Sitz im Repräsentantenhaus verliert, erwartet niemand, dass sie die politische Bühne verlässt.