Nach den neuesten Klimaplänen aus Brüssel sollen Investitionen in Atomenergie als «grün» klassifiziert und damit indirekt gefördert werden, ebenfalls Investitionen in Erdgaskraftwerke in einer Übergangszeit. Nicht nur Umweltschutzorganisationen protestieren dagegen. Auch aus einzelnen EU-Mitgliedsländern kommen kritische Töne, allen voran aus Österreich.
Die Ablehnung gegen die Atomkraft in Österreich ist breit. Man sei sich von Links bis Rechts, in der Regierung und in den Oppositionsparteien quasi einig, sagt Peter Balzli, SRF-Österreichkorrespondent. So hat Bundeskanzler Karl Nehammer die Pläne, Atomkraftwerke als grüne Energie zu klassieren, schon vor Tagen abgelehnt.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler von der Grünen-Partei kritisierte, es handle sich um eine Nacht- und Nebelaktion der EU-Kommission und es sei der Versuch, Atomkraft und fossiles Gas grün zu waschen. Österreich werde nicht davor zurückschrecken, rechtlich gegen diese geplante EU-Verordnung mit einer Klage vorzugehen.
Das Land habe eine besondere Anti-AKW-Tradition, sagt Peter Balzli. «Österreich hat 1978 ein Atomkraftwerk in Zwentendorf fertiggestellt, etwa eine Stunde von Wien. Das Werk steht, aber nach einer Volksabstimmung 1978 wurde es nie in Betrieb genommen und kostet die Republik jedes Jahr ziemlich viel Geld für den Unterhalt.»
Es wissen laut Balzli aber fast alle Politikerinnen und Politiker, dass der Widerstand wohl zwecklos sei. Nehammer befürchtet, dass Österreich «diesen Krieg verlieren werde».
Die Klassifizierung von Atomkraft als grüne Energie könne nämlich nur verhindert werden, wenn sich entweder eine sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten oder eine Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament dagegen ausspreche, so Balzli. Aber die Mehrheit der EU-Staaten ist pro Atomkraft.
Kein wirkliches Vorbild
Österreich wehrt sich gegen die Pläne der EU, obschon das Land selber kein Musterschüler ist. Im internationalen Klimarating (CCPI) belegt Österreich nur Rang 36 von 64 Ländern.
Die Wende zum Besseren sei aber mit der Grünen-Partei in der Regierung eingeleitet. «Diese hat vor wenigen Wochen eine ökosoziale Steuerreform durchgeboxt und die Einführung einmalig billiger Generalabonnements für den öffentlichen Verkehr erreicht», sagt Balzli.
Kritisiert wird in Österreich vor allem die Kernenergie. Die Gasindustrie hat etwas mehr Sympathie. Klimaministerin Gewessler hat sich zwar auch klipp und klar dagegen ausgesprochen, fossile Gase als grüne Energie zu klassifizieren. «Aber es gibt in Österreich eine starke Lobby für das Erdgas», so der Österreichkorrespondent. Die OMV ist eine der grössten Firmen des Landes und eine mächtige Erdgasimporteurin. «Daran hängen in Österreich mindestens 25’000 Arbeitsplätze.»