- Ein Gericht in Istanbul hat den international bekannten Kulturförderer Osman Kavala zu lebenslanger Haft verurteilt.
- Die Richter sprachen ihn am Ende eines viel kritisierten Verfahrens schuldig des Umsturzversuchs im Zusammenhang mit den Gezi-Massenprotesten gegen die türkische Regierung im Jahr 2013.
Kavala sass seit November 2017 in Untersuchungshaft. Im Gerichtssaal wurde umgehend mit Buh-Rufen und lautem Protest auf die Entscheidung reagiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Vorwürfe im Verfahren lauteten gemäss Anklageschrift auf Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Massenprotesten im Gezi-Park in Istanbul von 2013 sowie «politischer und militärischer Spionage» im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016.
Der Fall brachte der Türkei international scharfe Kritik ein. Dem Land droht deswegen etwa der Ausschluss aus dem Europarat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2019 die Freilassung des Menschenrechtsaktivisten angeordnet und die Haft als politisch motiviert eingestuft.
Ende 2021 war ein diplomatischer Eklat entbrannt, nachdem zehn Botschafter in der Türkei in einem Schreiben die Freilassung Kavalas gefordert hatten. Präsident Recep Tayyip Erdogan wertete dies als unzulässige Einmischung und drohte den Diplomaten mit Ausweisung.
Erdogan hatte Kavala in der Vergangenheit öffentlich mehrmals als Hintermann der Gezi-Proteste und als Financier von Terrorismus bezeichnet. Die Anwälte Kavalas hatten das als unzulässige Einmischung in ein laufendes Gerichtsverfahren kritisiert. Die Regierung verteidigt sich gegen derartige Vorwürfe ihrerseits mit dem Verweis auf die Unabhängigkeit der türkischen Justiz.
Die USA zeigten sich zutiefst beunruhigt über die Kavalas Verurteilung zu lebenslanger Haft. «Seine ungerechte Verurteilung ist unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit. Wir fordern die Türkei erneut auf, Osman Kavala freizulassen», teilte das US-Aussenministerium am Montag mit.
Die USA seien sehr besorgt über die anhaltenden gerichtlichen Schikanen in der Türkei gegen führende Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft, der Medien, der Politik und der Wirtschaft.