Längst gehören Aufklärungs- und Spionage-Satelliten zum Standardarsenal der Grossmächte. Sie liefern präzise Fotos und Daten, zum Leidwesen der ausspionierten Staaten. Auch deshalb geht die Hochrüstung im Weltraum weiter. Selbst der Einsatz von Raketen scheint vorstellbar.
Kamikaze- gegen Spionage-Satelliten
Seit Jahren investieren die USA, China, Russland, aber auch Indien massiv im Kampf um die Vormacht im All. Einzelne Länder entwickelten Waffensysteme zur Zerstörung gegnerischer Satelliten, sagt ETH-Strategieexperte Marcel Berni. «Die Chinesen haben es 2007 geschafft, einen sogenannten Kamikaze-Satelliten im Weltall funktionell zu machen und andere Satelliten damit anzugreifen».
Solch destruktive Kapazitäten seien auch in Russland sehr beliebt. «Es gibt sogenannte Kidnapping Satelliten, die andere Satelliten aus der Umlaufbahn befördern sollen oder sogar angreifen sollen», so Berni.
Drohnen-Steuerungs-Satelliten als Angriffsziele
Dabei sind Spionage-Satelliten bei weitem nicht die einzigen potentiellen Angriffsziele. Zunehmend würden Drohnen von Satelliten gesteuert, sagt der Experte für Militärstrategien am Institut Relations Internationales et Stratégiques in Paris, Jean-Paul Maulny. «Im Fall einer Krise kann das problematisch werden, denn gerade die grossen Drohnen werden via Satellit gesteuert. Und man kann sich vorstellen, dass in einem Krieg diese Steuer-Satelliten als erstes attackiert und zerstört würden.»
Verbündete wie Gegner rüsten den Weltraum auf. Wir müssen bereit sein.
Auf diese Entwicklungen reagiert nun auch Frankreich. Nachdem US-Präsident Donald Trump bereits im vergangenen Jahr die Bildung einer «Space Force» angekündigt hatte, präsentiert es als erste europäische Nation detaillierte Pläne für ein «Weltraumkommando». 700 Millionen Euro will sich Frankreich die neue Weltraumstrategie bis 2025 kosten lassen. 200 Personen stark soll die neue Truppe sein.
«Wir müssen bereit sein», sagte Verteidigungsministerin Florence Parly am Donnerstag bei der Präsentation der Strategie auf einer Luftwaffenbasis bei Lyon. «Wenn unsere eigenen Satelliten bedroht werden, dann beabsichtigen wir, die Satelliten unserer Gegner zu blenden.»
Antisatelliten-Waffen mit Laser-Technik
Vorgesehen ist, sogenannte Antisatelliten-Waffen zu entwickeln, die auf Lasertechnik basieren. Zudem sollen die Satelliten besser durch sogenannte Nano-Satelliten, Kleinst-Satelliten von der Grösse einer Schuhschachtel, überwacht werden.
Es gibt wenige Regeln, viele Akteuere, viele potentielle Waffen.
Ein Ende des Wettrüstens im All dürfte mit derart militärisch genutzten Satelliten längst nicht erreicht sein. Schon bald könnten im Weltraum auch Raketen oder andere Geräte eingesetzt werden, ist ETH-Strategie-Experte Berni überzeugt. Im Weltraum gebe es derzeit noch «wenige Regeln, viele Akteuere und viele potentielle Waffen. Man macht, man will der Schnellste sein, man will wenige Anreize wahrnehmen, klare Rechtssprechung zu setzen.»
Chancenlose UNO-Bemühungen um Regulierung
Deshalb ringt die internationale Staatengemeinschaft derzeit um einen neuen Weltraumvertrag, der die militärische Nutzung regeln soll. Die Uno möchte die aktuelle Entwicklung stoppen oder zumindest eindämmen. Der bisherige Weltallvertrag aus den 1960er-Jahren bezieht sich auf den damaligen Stand der Technik und ist für die Regulierung der heutigen Gefahren völlig untauglich.
Das Weltall ist das neue Schlachtfeld der Grossmächte.
Dennoch scheiterte der letzte Versuch, einen neuen Weltraumvertrag zu verabschieden bei der Genfer Abrüstungskonferenz im vergangenen Frühling kläglich. Ein 13-seitiger Vertragsentwurf, der die Definition von Weltraumwaffen, humanitäre Aspekte der Militarisierung des Alls und konkrete Einschränkungen und Transparenzpflichten enthielt, blieb chancenlos. Der Widerstand der Grossmächte war zu gross.