Mit sechs gegen drei Stimmen hat sich der Supreme Court in Washington zugunsten der US-Bevölkerung, die bewaffnet in der Öffentlichkeit auftreten will, ausgesprochen. Damit fährt die US-Waffenlobby einen grossen Erfolg ein. Und dies in Zeiten, wo der Kongress nach der jüngsten Massentötung an einer Grundschule in Texas um ein schärferes Waffenrecht ringt.
Das Oberste Gericht hebt konkret ein Waffengesetz des Bundesstaats New York von 1913 als verfassungswidrig auf. Danach durften Personen ihre Handfeuerwaffen in der Öffentlichkeit nur tragen, wenn sie eine Lizenz hatten. Um die Lizenz zu bekommen, mussten sie einen triftigen Grund angeben, warum sie die Waffe zur Selbstverteidigung unbedingt verdeckt tragen müssen.
Supreme Court: Verstoss gegen verbrieftes Recht
Aber genau diese Vorbedingung verletzt nach Auffassung des Obersten Gerichts das verfassungsmässige Recht jedes Amerikaners und jeder Amerikanerin, vor allem zur Selbstverteidigung in der Öffentlichkeit, wie der konservative Richter Clarence Thomas im 60-seitigen Urteil begründet. Damit wurde das Urteil einer niederen Instanz aufgehoben.
Jubel bei der Waffenlobby
Geklagt hatten zwei Waffenbesitzer sowie eine Tochtergesellschaft der National Rifle Association (NRA). Diese sprach umgehend von einem «Sieg». Es ist das wichtigste Urteil seit über zehn Jahren zum Thema Waffenrecht und ein Triumph für die Waffenlobby.
US-Präsident «zutiefst enttäuscht»
Präsident Joe Biden zeigt sich «zutiefst enttäuscht» über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. «Das Urteil widerspricht sowohl dem gesunden Menschenverstand als auch der Verfassung und sollte uns alle zutiefst beunruhigen», heisst es in einer Erklärung.
Das Urteil widerspricht sowohl dem gesunden Menschenverstand als auch der Verfassung und sollte uns alle zutiefst beunruhigen.
Nach den Massenerschiessungen in den USA müsse das Land nicht weniger, sondern mehr tun, um die Verfügbarkeit von Schusswaffen einzuschränken: «Ich rufe die Amerikaner im ganzen Land auf, ihre Stimme für die Sicherheit von Waffen zu erheben. Es geht um Menschenleben.»
Das Urteil des Supreme Court könnte nun dazu führen, dass künftig deutlich mehr Menschen eine solche Erlaubnis beantragen, dass in anderen Bundesstaaten ähnliche Regelungen wie in New York gekippt werden und dass das im zweiten Verfassungszusatz verankerte Recht auf Waffenbesitz bei der Rechtsprechung stärker berücksichtigt wird.